Squid Game und das Abbild der modernen Gesellschaft
Ein mysteriöser, gut gekleideter Mann reicht Ihnen eine Visitenkarte und verspricht die Chance auf ein riesiges Preisgeld. Wenn Sie einwilligen bei den Spielen teilzunehmen, werden Sie von einem dunklen Van abgeholt, betäubt und auf eine abgelegene Insel verschleppt. Die Veranstalter sind maskiert und tragen Maschinenpistolen. Sie sind einer von 456 Teilnehmern und spielen fortan nicht nur um das Preisgeld von rund 33 Millionen Euro, sondern auch um Ihr Leben. Willkommen bei Squid Game.
Die südkoreanische Netflixshow „Squid Game“ ist momentan in aller Munde. Der riesige Hype um die Show katapultiert den koreanischen Horror-Thriller auf Platz 1 der meistgestreamten Netflix-Shows aller Zeiten und stößt somit das 2020 erschienene Historiendrama „Bridgerton“ vom Thron. Wieso ist die Serie so beliebt und was können wir aus Squid Game lernen?
Squid Game vereint klassische Horror- und Thrillerelemente mit Gesellschaftskritik. Denn die 456 Teilnehmer der Spiele haben alle eines gemeinsam. Sie sind die Verlierer der Gesellschaft, abgestoßen aufgrund ihres Misserfolgs und verzweifelt aufgrund riesiger Schuldenberge. Jeder einzelne von ihnen wird „zufällig“ von einem charismatischen Geschäftmann angesprochen, der ihnen eine Chance auf ein riesiges Preisgeld verspricht, um neu anzufangen. Hierfür müssten sie lediglich an 6 Spielen teilnehmen. Er erwähnt nicht, dass sie zunächst entführt, verschleppt und abgeschotten werden. Ebenfalls erwähnt er nicht, dass es sich bei den Spielen um beliebte koreanische Kinderspiele handelt. Wer verliert, oder andersweitig disqualifiziert wird, wird hingerichtet, und somit wächst das Preisgeld stetig, je mehr Spieler „ausscheiden“.
Squid Game ist eine zynische Zurschaustellung von sozialer Ungerechtigkeit und Kapitalismuskritik. Konkurrenzdenken, sowie das erbarmungslose Leistungsprinzip des kapitalistischen Wettbewerbs lässt Menschen zu Spielfiguren werden, welche in ihrer Verzweiflung jegliche Moral verlieren. Schuldenlast, Ausgrenzung aus der Gesellschaft, Leistungsdruck, zerrüttete Familienverhältnisse, sowie der Wunsch nach einem besseren Leben sind die Faktoren, mit denen die 456 Teilnehmer zu kämpfen haben. Die Idee zur Serie entstand während der Finanzkrise 2008.
Die Serie zeigt das erschreckende Ausmaß eines menschenverachtenden Systems. Sie überzeugt mit einem prägnanten Erzählstil. Die herzzereißenden Schicksale der einzelnen Spieler, sowie die perfiden Strippenzieher, die hinter den Squid Games stecken bieten dem Zuschauer Unterhaltung die unter die Haut geht. Mit einem mulmigem Gefühl wird man daran erinnert, wie im Zeitalter der Globalisierung die Schere zwischen arm und reich immer größer wird und wie die Menschlichkeit auf der Strecke bleiben kann.
Foto: Netflix