Kindern Kunst vermitteln
Im Essener Museum Folkwang gibt es jeden Samstag Nachmittag einen Workshop für Kinder. An diesem „Bildschönen Samstag“ lernen Kinder mit Kunst umzugehen – sie zu sehen, zu verstehen und zu kreieren. Initiiert wird der Workshop von „Bildung und Vermittlung“, einem Bereich, den es in vielen Museen gibt, wie Annika Schank, Ansprechpartnerin für Bildung und Vermittlung am Museum Folkwang erklärt. „Das Museum soll ein offener Ort sein, der einen Austausch über Kunst ermöglicht und verschiedene Sichtweisen darauf zulässt. Ein Ziel der Bildung und Vermittlung ist es, möglichst allen unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen die Teilhabe an diesem Austausch zu ermöglichen.“
Bildschöne Samstage
Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren können am „Bildschönen Samstag“ teilnehmen und miteinander Kunst entdecken. Jede Woche gibt es ein anderes Thema: verschiedene Epochen, die Skulptur, der Raum, das Porträt. Unterstützung bekommen die Teilnehmer dabei von sogenannten Kunstvermittlern. Der Beruf der Kunstvermittlerin ist pädagogisch und gleichsam kunsthistorisch oder künstlerisch basiert, er vermittelt Kunstverständnis an alle Altersklassen, aber vor allem an Kinder und Jugendliche.
Einen Samstag hat kultürlich den Workshop begleitet. Das Thema war „Bildschöner Samstag – Mit Ausdruck! Porträts des Expressionismus“ mit dem Ziel, den teilnehmenden Kindern die Stilrichtung des Expressionismus näher zu bringen.
Farben, Formen und Gefühle
Vor zwei Gemälden unterschiedlicher expressionistischer Maler hat Kunstvermittlerin Marie Gerlach mit den teilnehmenden Kindern die Merkmale und Besonderheiten des expressionistischen Malstils herausgearbeitet. Motiviert durch die Frage „Welche Farbe passt am besten zu welchem Bild?“ haben die Kinder den beiden Gemälden „Mädchen am Tisch“ (1910) von Hermann Max Pechstein sowie „Müde“ von Erich Heckel verschieden farbige Karten zugewiesen, die sie für passend hielten. Anschließend haben sie die Bilder beschrieben, zunächst die Farben, dann die Formen und dann das dargestellte Geschehen. Weiter ging es mit der Frage, welche Gefühle und welche Stimmung das jeweilige Bild ausdrückt. Und sie rätselten, mit welchen Mitteln der Künstler das Bild gemacht hat.
So erfuhren die Kinder behutsam und Schritt für Schritt, dass es in der expressionistischen Malerei nicht darum geht, zu malen, was man sieht, sondern mittels Farben und Formen Gefühle oder Stimmungen auszudrücken. So sind etwa auf Pechsteins Bild helle Farben und vorwiegend runde, weiche Formen zu finden, während Heckels Bild ausschließlich mit dreieckigen, spitzen Formen und dunklen Farben gemalt wurde.
Worte finden
„Wie könnte man das Bild nennen?“, fragt Marie Gerlach, worauf zahlreiche kleine Finger in die Höhe schnellen. „Glücklich“, nennen die Kinder Pechsteins „Mädchen am Tisch“, „Krank“ oder „Traurig“ Heckes „Müde“. Daraufhin beschreiben die Kinder die Umgebung des Bildes, suchen und finden Begriffe, die das Bild und die jeweilige Stimmung beschreiben. Dass die Frau auf Heckels Bild erst in den frühen Dreißigern war, als sie gemalt wurde, hat kaum jemand gedacht, vielmehr wurde sie auf bis zu 80 Jahre alt geschätzt. Der Maler hat also die Gefühle der Frau gemalt, nicht ihr Gesicht, wie es wirklich aussah. „Was machen die Maler, um Gefühle von Personen auszudrücken?“ fragt Marie Gerlach weiter, eine Frage, auf die die Kinder nun schon eine Antwort wissen.
Auch Mimik und Gestik sind wichtige Mittel, um Gefühle in Bildern auszudrücken. Darum können die Kinder sich anschließend ein Gefühl aussuchen, das sie mittels Körpersprache auszudrücken versuchen. Die anderen üben sich darin, das jeweilige Gefühl zu erkennen und zu benennen.
Gelerntes anwenden
Um das Gelernte zu vertiefen, malen die Kinder anschließend selbst ein expressionistisches Bild:
ein Gesicht, dessen zwei Hälften zwei entgegengesetzte Gefühle ausdrücken. Dabei vermittelt Marie Gerlach nicht nur die semantische Ebene des Malstils, sondern auch Wesentliches über die Technik des Malens. An diesem Tag, passend zum Expressionismus, das Malen mit Ölpastellkreide in Verbindung mit Wasserfarben. Beim gemeinsamen Kreativ-Sein haben die Kinder sichtlich Spaß, kleine Gespräche kommen zustande und es wird kräftig gemalt. Anschließend tauschen sich die jungen Künstler noch mit der Kunstvermittlerin über ihre Bilder aus, die sie dann auch mit nach Hause nehmen dürfen.
Mitmachen
Bis zum 10. Mai geht es in den Bildschönen Samstagen um den Modeschöpfer Karl Lagerfeld, und es werden „Designerstücke selbst gemacht“. Ab dem 17. Mai dreht sich dann alles um Theaterplakate. Anmeldungen können über das Besucherbüro des Museums erfolgen, die Teilnahmegebühr beträgt 7 Euro pro Workshop inklusive Eintritt. Auch für Kita-Gruppen, Jugendliche, Studierende und Erwachsene hält der Bereich „Bildung und Vermittlung“ des Museum Folkwang in Essen interessante Angebote bereit: Führungen, einen kostenfreien salon für Studierende, Jugendliche arbeiten mit Künstlern, Ferienakademien für Schüler und die F-Boxen für Familien, die gemeinsam ein Wahrnehmungsexperiment im Museum erleben möchten. Weitere Angebote und Informationen gibt es auf der Internetseite des Folkwang Museum.