Beruf: YouTube-/Instagramstar!
Ganz, ganz schnell reich und berühmt werden, am besten schon gestern! Wie? Durch soziale Medien! Wer will denn schon ArzthelferIn, IngenieurIn, SteuerberaterIn oder MechanikerIn werden, wenn man „Schmink-LehrerIn“, Experte für Lebenskniffe, Youtube-HobbykochIn oder Fitnessmodel werden kann? So denkt zumindest ein kleiner Teil der Jugendlichen und die „Mitmachmedien“ eignen sich bestens zur lukrativen Vermarktung dieser „Berufe“. Wohingegen man noch vor einigen Jahren das Gefühl hatte, sich erst in dubiosen Auswahlschauen von diversen Juroren und „Experten“ für seine gesanglichen Darbietungen oder für seine Laufsteg-Qualitäten bewerten und im schlimmsten Falle erniedrigen lassen zu müssen, um es in die Klatschblätter und auf die roten Teppiche der Nation zu schaffen, geht das neuerdings viel eleganter!
Zuerst muss die passende Internetplattform gewählt werden: Wenn man einigermaßen gut kochen kann, viele Tipps und Tricks rund um das Thema Leben parat hat, oder ein geschicktes Händchen im Schminken aufweist, eignet sich ein eigener YouTube-Kanal zur bestmöglichen Vermarktung seiner „Fähigkeiten“ (YouTube: Videoportal, auf dem u.a. täglich mehrere Millionen Videos eingestellt werden).Voraussetzung für die erfolgreiche Ausübung dieses „Berufs“ sind viele, viele, viele Klick-Zahlen bzw. Abonnenten. Je mehr Klicks und „Likes“ (eng. like=mögen) die Youtuber erhalten, umso besser, denn je mehr Zuschauer den YouTube-Kanal abonnieren, umso größer ist ihre Reichweite und ihr Einfluss auf dem Markt, auf ihren Markt. An dieser Stelle kommen dann die großen Firmen und Produkthersteller ins Spiel, die mit den erfolgreichen Selbstdarstellern Werbeverträge abschließen und im nächsten Video ihre eigenen Produkte klug platziert und vermarktet wiederfinden. So lässt sich gut beobachten, wie die Hobbyköchin aus ihrer heimischen 0815-Küche plötzlich in eine pinke Traumküche katapultiert wird und nur noch hochmodernste Küchengeräte einer bestimmten Marke verwendet, um zahlreiche Leckereien zu kredenzen. Die Schminktante, die anfangs noch im Kinderzimmer niedlich erklärte, welche Lippenstiftmarke die günstigste ist und dass man auch mal ruhig den Lippenstift als Rouge benutzen kann, hält nur noch brav die vorgegebenen Produkte in die Kamera – selbstverständlich ist sie jetzt optimal belichtet und nicht mehr von Plüschtieren umgeben. Die Miete ist auf diese Weise mit einer Produktplatzierung rasch verdient. Dauerpräsenz ist angesagt! Sonst wird das nix mit der Vermarktung des eigenen Lebens. Man lässt sich auf Schritt und Tritt verfolgen, damit alle das Gefühl haben bei allem dabei zu sein…
Dasselbe Prinzip findet sich bei Instagram wieder (Instagram: Internetplattform zum Teilen von Fotos und Kurzvideos). Es reicht völlig aus, sich jeden Tag beim Sport fotografieren zu lassen, nebenbei ein „bestimmtes“ Fitnessgetränk in der Hand zu halten oder sich von bekannten Sportbekleidungsmarken ausstatten zu lassen. Nur komisch, dass die nach dem Sport zumindest obenrum so aussehen, als wären sie auf dem Weg zu einer eleganten Gala. Ich bin für gewöhnlich tomatenrot und meine Haare sehen nach dem Sport auch nicht aus, als hätte ich gerade die Frisierstube verlassen – aber ich bin ja auch kein Fitnessmodel! Es reicht auch völlig aus, sich alle paar Stunden in einer neuen modischen Aufmachung fotografieren zu lassen. Man bekommt schöne und teure Kleidung bestimmter Marken geliehen und macht gefühlte tausend Fotos, bis man die eine Pose im Kasten hat, bei der es aussieht als mache man auf Stöckelschuhen Yoga-Übungen auf dem Balkon. Und ganz wichtig: nicht in die Kamera schauen und es so aussehen lassen, als sei das Foto „zufällig“ entstanden – es soll schließlich ganz „normal“ aussehen und trotzdem so, dass man sich bei der Nachahmung zu Hause blaue Flecken zuzieht. Hach, was ein schöner Beruf!
Tatsächlich, hat es die deutsche Abiturientin Pamela Reif geschafft, durch das Hochladen ihrer Selbstportraits (meist mit ganz verträumtem Schmollmund) ihr Leben zu finanzieren. Sie verzichtet auf ein Studium, trotz Einser-Abi. Mittlerweile hat sie 2,2 Millionen Abonnenten – das sind erstaunlich viele – einfach nur weil sie schön ist! Immerhin berichteten alle (halbwegs) seriösen Zeitungen über sie und in die Sendung von Markus Lanz hat sie es auch geschafft (ob das wiederum ein gutes Zeichen ist, sei dahingestellt). Umso erfrischender ist der Bericht eines Ex-Instagram-Models, das über die Schattenseiten eines solchen Lebens erzählt und offenbart, wie realitätsfern diese Einblicke in das „Leben“ sind. Sie startet einen Weckruf und beschreibt u.a., wie hart es auch ist mit all den bösen und verletzenden „Hasskommentaren“ leben und umgehen zu müssen. Phuuuu, dann doch besser zu Dieter Bohlen! Oder doch lieber Spielerfrau? Hmmm…
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