Bücherzellen und Minibibliotheken
Als ich vor kurzem aus dem Stadtkern in eine dörfliche Gegend zog, fand ich auf dem Marktplatz, gleich hinter der Bushaltestelle, einen größeren Kasten vollgestellt mit Büchern. Da ich an diesem Tag Glück hatte und mein Bus gerade kam, machte ich mich Abends noch im Internet schlau und fand heraus, dass die Stiftung Mercator seit 2009 diese Bücherkästen an ausgewählten Plätzen im Ruhrgebiet aufstellt um die kulturelle Bildung zu fördern. Genauer gesagt handelt es sich bei diesen Kästen um freistehende Schränke mittels derer Bücherfreunde anonym und kostenlos ihre Bücher tauschen können; man sucht sich ein Buch aus, öffnet die Klappe und nimmt es heraus. Ich freute mich und dachte: „Prima, wenn du demnächst mal wieder allen Lesestoff zu Hause vergessen hast und die Wartezeit auf den Bus zu lang wird, dann kommt der Kasten ja genau richtig.“ Dem Hinweis auf dem Bücherschrank folgend, dass Nehmen mit Geben verbunden sein sollte, suchte ich daheim in meiner eigenen kleinen Bibliothek nach einem geeigneten Buch zum Austausch. Nehme ich eins aus der „Können-weg-Kiste“ und entsorge es damit nur? Nein, das passt nicht zum Konzept. Nehme ich also eines meiner Lieblingsbücher und gebe damit ein Stück meiner alltäglichen Freude die ich empfinde wenn ich es in meinem Regal stehen sehe und daran denke, wie ich es gelesen und genossen habe? Nein, das würde mir nur das Herz brechen. Aber wie wäre es mit einem Buch, durch das ich etwas gelernt habe? Etwas sinnvolles, das auch Vergnügen bringt und das ich nicht vermissen muss, weil ich den Inhalt nochmal in einer Prachtausgabe habe… eine solide Jubiläums-Ausgabe von Schillers Werken: Perfekt! Ein paar Tage später habe ich es in den Bücherschrank gestellt mit dem Gedanken, dass ich mir das „Nehmen“ noch aufhebe, bis ich mal wieder lange auf den Bus warten muss.
Eine lustige Variante der Bücherschränke steht zum Beispiel auch im Nordrhein-Westfälischen Lünen: eine „Bücherzelle“, für die ein altes Telefonhäuschen zu einer Minibibliothek umfunktioniert wurde.
Lesend grüßt euch
Lisa