Die Sehnsucht der Schwalbe

Die Sehnsucht der SchwalbeEin Buchtipp. Lufti bedeutet so etwas wie „meine Freundlichkeit“. Den Namen gab ihm seine Hebamme, weil er die Welt direkt mit einem Lächeln begrüßte. 19 Jahre später kehrt er in sein Heimatland Syrien zurück, um an einer Hochzeitsfeier teilzunehmen. Mit den ausladenden Feierlichkeiten und der Völlerei kann Lufti aber nicht viel anfangen und so zieht er sich mit dem Bruder der Braut zurück und erzählt Geschichten aus seiner Vergangenheit und von seiner Familie.
Rafik Schami, selber in Damaskus geboren, lebt seit 1971 in Deutschland. Er gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern in Deutschland und so wundert es nicht, dass „Die Sehnsucht der Schwalbe“ in über 20 Sprachen übersetzt wurde.
Es sind leichtfüßige Geschichten, die dem Leser ans Herz gehen. Sie erzählen von dem fernen Orient und Deutschland und Rafik Schami schafft es, den Leser in beide Teile der Welt mitzunehmen. „Die Sehnsucht der Schwalbe“ ist mehr als nur ein Märchen. In traditionellen orientalischen Erzählformen berichtet Schami von der Armut in Syrien, von Rassismus und Liebe.
Vor der spätsommerlichen Kulisse Syriens ist es ein Buch, das unabhängig von jedem Alter den Leser mit seinen warmherzigen und liebenswürdigen Erzählungen berührt und in eine andere Kultur führt.
„Der billige Flug hatte es in sich. In dem schäbigen Flugzeug, das mich am frühen Morgen von Frankfurt nach Belgrad brachte, saß der Pilot fast auf dem Gang und die Stewardessen behandelten die Passagiere wie Dreck. Es war eine schlimme Zeit, bis wir in Belgrad ankamen, wo ich nach einer schnellen Abfertigung in eine bis zum letzten Platz gefüllte Boeing umstieg.
In Damaskus war es warm. Staub drang, vermengt mit Dieselgeruch, in meine Lunge – ein merkwürdiger Geruch, den ich in Frankfurt vermisst hatte. Die Taxifahrer stritten wie eh und je laut um jeden Fahrgast und einigten sich dann doch immer wieder. Ich hatte ein schlechtes Los gezogen. Der Mann verlangte bei der Ankunft in meiner Gasse das Doppelte von dem, was wir vereinbart hatten, Emigranten gelten für die Daheimgebliebenen als reiche Trottel und jeder versucht, von ihrem Geld etwas abzukriegen. Normalerweise wäre ich dem Taxifahrer an die Gurgel gesprungen, aber ich wollte leise ankommen, um meine Mutter zu überraschen.
Mit dem Koffer in der Hand stand ich plötzlich in der Tür unseres Wohnzimmers.
Meine Mutter war gerade damit beschäftigt, ihr vorsintflutliches Bügeleisen zu reparieren. Sie schaute auf und sagte wie im Traum „Lufti“, doch ihre Lippen bewegten sich ohne Ton.“ (S. 109)

Rafik Schami
Die Sehnsucht der Schwalbe
DTV 9,90€
334 Seiten