Wie ein Ende der Welt
Endlich Urlaub! Eine Woche lang bereise ich keine sonderlich bedeutsamen, dafür aber wunderschöne, magische und auch aufregende Orte im Norden unseres Landes. Darüber hinaus geht es an die nördlichste Spitze des Nachbarlandes Dänemark. Es soll eine Woche ohne Großstadtlärm werden, dafür aber mit ruhigen Ausblicken in unendliche Weiten und sanften Wellen, die an weiße Strände wogen.
Es sind mindestens 60 Kilometer pro Stunde, mit denen der Wind am nordfriesischen Strand von Sankt Peter-Ording uns das Haar um die Ohren peitscht. Das Meer braust an den Strand und nässt alle Füße, die nicht schnell genug sind. Der Tag entspricht ganz und gar nicht dem, was ich von einem Strandtag im Vollfrühling erwarte, doch die Strandbuggy-Fahrer freuen sich über den starken Antrieb und die Lenkdrachen zerren so unerbittlich an den Schnüren, dass sie hier und da von vier Händen statt von zweien gehalten werden müssen. Auf die Dünen zu wandern fühlt sich bei diesem starken Wind wie Bergsteigen an und die Sonne wärmt an so einem Tag kein bisschen, doch die abenteuerliche Stimmung weckt alle Lebensgeister, so dass ein Besuch am Strand von Sankt Peter-Ording sich offenbar zu jeder Jahreszeit lohnt.
In Lüttmoorsiel gibt es zwar keinen Strand, aber eine große Badestelle auf dem ewig
langen Seedeich. Ein malerischer Ausblick auf die naheliegenden Halligen bietet sich dem Besucher, der entspannt durch die auf dem Deich freilaufende Schafherde spazieren kann. Wer die Hallig Nordstrandischmoor besuchen möchte, kann bei Ebbe hinüber wandern. Außerdem wird Radfahrern hier ein asphaltierter Weg für entspannte Touren bei frischester Seeluft geboten. An diesem Tag weht der Wind etwas seichter und die Nordsee steht ruhig.
Zur Landseite zieht sich einerseits ein gewaltiger Windkraftanlagenpark durch die Wiesenlandschaft und andererseits der Beltringhader Koog, ein 300 Hektar großes flaches Naturschutzgebiet, in dem die Seevögel ausreichend Brutstätten finden.
Nicht weit von Lüttmoorsiel durchfährt man den Hauke-Haien-Koog, welcher nach Schlüttsiel führt. Von diesem sehr kleinen Hafenort können Besucher mit einer Fähre oder einem Schiff zu der Insel Amrum oder den Halligen Gröde, Langeneß und Hooge gelangen.
Am dritten Tag besuchen wir einen magischen Ort in der Gemeinde Bordelum. Bordelum verfügt nicht nur über eine urige kleine Kirche aus dem 12. Jahrhundert mit einem separaten Glockenturm, sondern auch über eine heilige Wasserquelle. Durch ein schmiedeeisernes, quietschendes Tor gelangt man in ein kleines Waldstück. Folgt man den aufgestellten Schildern mit weisen Bibelsprüchen erreicht man schließlich die alte Quelle, die im Jahr 1770 gelobt wurde, heilendes Wasser zu spenden. Anfang des 19. Jahrhunderts noch gut besucht, verirren sich heute nur noch wenige Hoffnungsvolle hierher, da sich die heilende Wirkung bei vielen Besuchern wohl nicht eingestellt hatte.
Der vierte Tag führt uns nach Skagen. Dafür fahren wir einmal durch das gesamte dänische Land – bis an die oberste Spitze, an der das dänische Festland, also Jütland, ins Meer mündet. Vom Parkplatz aus laufen wir eine gute halbe Stunde den Skagerrak hinauf, bis wir das Meer erreichen. Das Besondere an diesem Ort ist, dass sich hier Nord- und Ostsee begegnen. Schaut man an dieser Stelle über das Meer, dann sieht man nichts als den weiten Horizont – wie ein Ende der Welt wirkt dieser zauberhafte Ort. Und die Sonne hat den Sand schon aufgewärmt, also geht es baren Fußes den Kattegat hinunter, entlang hoher Dünen, vorbei an einem alten Bunker mit der Aufschrift „Zimmer frei“ und einem Leuchtturm. Muscheln und in der Sonne funkelnde Steine schmücken den Sand während das kühle Wasser sanft den Strand umspült. Auch das Stadtbild, das von vielen kleinen bunten Häusern geprägt ist, macht Skagen zu einem empfehlenswerten Urlaubsziel.
Der nächste Tag beweist jedoch, dass nach dem Regen nicht nur die Sonne, sondern nach der Sonne auch der Regen kommt. Unsere Fahrt zum Eckernförder Strand ist von regnerischem Wetter überschattet, doch es ist der einzige Strand, an dem man echte Seesterne finden kann, wie ich noch aus Kindertagen weiß.
Eckernförde liegt in der Nähe der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt Kiel. Der Strand ist nicht nur von Badegästen gut besucht, auch für Taucher ist die Eckernförder
Bucht mit ihrer schönen Unterwasserlandschaft ein beliebtes Ziel. Für Fußgänger hingegen ist ein Spaziergang über die Mole am spannendsten. Von hier aus sieht man Feuerquallen im Wasser treiben und größere Krebse zwischen den Steinen tippeln. Mit den Anglern kann man einen kurzen Plausch über den Fang halten und an den Bootsanlegern kann man sich von ankommenden Fischern die versehentlich gefangenen Seesterne zeigen lassen, bevor sie wieder ins Meer zurückkehren. Ein Besuch bei der Eckernförder Nixe rundet sowohl den Strandspaziergang als auch meinen Urlaub im Norden ab und so geht es zurück in den großartigen Großstadtlärm.