Reisetipp: Jakobsweg
Einmal dem stressigen Alltag entfliehen, alle Sorgen und Probleme hinter sich lassen und sich ganz sich selbst widmen: wer sich das wünscht, der ist auf dem spanischen Jakobsweg genau richtig! Etwa 800km lang, verläuft der Weg, auch Camino de Santiago genannt, vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela in Galizien. Egal, ob man den Weg aus spirituellem, religiösem oder sportlichem Ehrgeiz geht, die unvergleichliche Atmosphäre der Landschaft und die spezielle Verbundenheit zwischen den Pilgern, werden einem für immer in Erinnerung bleiben!
Wer hier bei uns an den Jakobsweg denkt, dem fällt wohl als erstes Hape Kerkelings Buch ein. Dies vermittelt zwar einen Eindruck der Anstrengungen des Wanderns, doch lässt es leider einen großen Bestandteil des Pilgerdaseins aus: das Leben in den Herbergen. Nachdem man den Tag mit Wandern verbracht hat, kehrt man am Nachmittag in eine öffentliche oder private Herberge ein. Dort trifft man Pilger aus aller Herren Länder. Und das ist es meiner Meinung nach, was den wirklichen Geist der Pilgerschaft ausmacht. Um diesen besonderen Zusammenhalt der Pilger zu erleben, muss man natürlich auf so einiges verzichten. Schlafen in Schlafsälen mit 8 bis 50 Betten, kein eigenes Bad/Dusche und manchmal leider auch Hygieneverhältnisse, die nicht unseren Standards entsprechen. Man muss sich auch beim Gepäck auf das Nötigste beschränken, so wird man sich bewusst darüber, wie wenig eigentlich zum Leben ausreicht! Dieser Verzicht und das enge Zusammenleben mit eigentlich fremden Leuten machen das Pilgererlebnis aus. Auf einmal sind einem die anderen Pilger nämlich gar nicht mehr fremd – man gehört zu einer Gemeinschaft, die alle dasselbe Ziel vor Augen haben, die dieselben Fußprobleme und Schmerzen plagen. Auch wenn jeder Einzelne aus völlig unterschiedlichen Gründen diesen Weg angetreten ist, spürt man letztlich doch, dass alle Menschen, egal woher wir stammen, miteinander verbunden sind und versuchen sollten, friedfertig miteinander umzugehen. In dieser oft humpelnden und hinkenden Gruppe passiert es dann, dass einem Unbekannte plötzlich ihre Lebensgeschichte offenbaren oder einem hilfsbereit die Blasen versorgen. Bei dem Gedanken an so viel menschliche Nähe, wird sicher so mancher zurückschrecken, doch gerade das bringt einem seine Mitmenschen wieder näher – und so kommt man auch sich selbst wieder ein Stückchen näher.
Ich möchte hier die Schmerzen, man könnte so manches Mal sogar von Qualen sprechen, des Pilgerns nicht unangesprochen lassen. Blasen, Wadenkrämpfe und schmerzende Füße gehören dazu. Manche Pilger sagen sogar, wer keine Schmerzen hat, ist kein richtiger Pilger! Eine gut gefüllte Reiseapotheke mit ausreichend Pflastern und Schmerzmitteln muss auf jeden Fall in den Rucksack (wobei die vielen Apotheken entlang des Weges auf Pilger spezialisiert sind).
Doch es ist so, wie viele Mütter es von der Geburt ihrer Kinder berichten; wenn es geschafft ist, sind alle Schmerzen vergessen! Das Gefühl, dass man sein Ziel erreicht hat, dass man in Santiago de Compostela angekommen ist, dass man so viele Kilometer hinter sich gelassen hat, ist erhebend! Es erfüllt einen mit einer riesigen Portion Lebensmut und Zuversicht!
Das vorherrschende Gefühl auf dem Jakobsweg, ist das der menschlichen Verbundenheit und der Friedlichkeit – ein Zustand, den man im hektischen und unpersönlichen Leben zu Hause nur selten erleben darf. Allein für dieses Gefühl, der inneren Ruhe und Versöhnlickeit mit sich selbst und seinen Mitmenschen, sind die Schmerzen es allemal wert!!
Ich kann jedem nur empfehlen, sich seine Wanderschuhe zu schnappen und loszulaufen!
Buen Camino!