Ein bisschen Realität, bitte!
Seit 2006 strahlt der Privatsender ProSieben alljährlich seine Erfolgssendung Germany’s Next Topmodel aus, in der große, dünne Frauen auf dem Laufsteg um die Wette rennen. Stark geschminkt und frisiert, mit nicht alltagstauglicher Kleidung und in übertriebenen Posen präsentieren sie sich in der Tradition einer Modewelt, in der einige wenige vielen anderen vorschreiben, was ästhetisch ist.
Schlanke Körper, eine makellose Haut und perfekte Gesichtszüge erscheinen somit heute als erstrebenswerteste persönliche Merkmale der jüngeren Generation. Dass diese Ideale vollkommen künstlich über Jahrzehnte konstruiert wurden, ist wohl vielen nicht klar, hinsichtlich des allgegenwärtigen Drangs, „perfekt“ sein zu müssen. Mit nicht ungefährlichen Folgen: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geht davon aus, dass gut ein Fünftel der Jugendlichen zwischen 11- bis 17-Jährigen Symptome einer Essstörung aufweisen. In schlimmen Fällen können daraus Erkrankungen wie Magersucht oder Bulimie entstehen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Doch auch immer mehr Männer zeigen Anzeichen einer gestörten Selbstwahrnehmung oder entwickeln übersteigerte Ansprüche an sich selber.
Wo man auch hinsieht, überkommt einen eine Flut aus Sportkonzepten, Superfood-Werbungen und viel versprechenden, aber wenig haltenden Diätvorschlägen, die uns weismachen wollen, dass wir uns optimieren müssen. Den größten Respekt verdienen diejenigen, die diese Bilder vollkommen kalt lässt. Eine davon ist die Australierin Celeste Barber. Die Komikerin stellt seit einigen Jahren die absurdesten Promi- und Werbefotos nach und macht mit ihren Parodien deutlich, dass sich eine normale Frau, Mutter, Arbeitende und Partnerin in ihrem Alltag eben nicht rund um die Uhr sexy, begehrenswert und top-gestylt vor irgendwelchen gestellten Kulissen verrenkt. Oder morgens aussieht wie aus dem Ei gepellt. Oder die größte Erfüllung darin findet, sich nahezu asketisch ausschließlich von Wasser und Grünzeug zu ernähren.
Barber beweist mit ihren Gegenüberstellungen nicht nur ein außerordentlich hohes Maß an Humor, sondern leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen und medialen Kritik.