Die deutschen Wurzeln der englischen Sprache

Wenn Kinder aus Norddeutschland Englisch lernen, sind sie klar im Vorteil: Mit Plattdeutsch beherrschen sie eine Sprache, aus der sich das heutige Englisch vor über 1.500 Jahren entwickelte. Im fünften Jahrhundert n. Chr. wanderten die germanischen Stämme der Angeln, Sachsen und Jüten aus dem heutigen Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem südlichen Dänemark nach Großbritannien aus.

Auch heute noch gibt es die Region Angeln in Schleswig-Holstein. Die Vorfahren der heutigen Angeln hatten für die Auswanderung verschiedene Gründe. Zum Einen gab es im dritten und vierten Jahrhundert n. Chr. auf der kimbrischen Halbinsel verschiedene Kriege, zum Anderen wurde die Lebensgrundlage der Angeln, die vor allem von der Landwirtschaft lebten, von klimatischen Veränderungen bedroht. Die Briten, die nach dem Abzug der römischen Heere ohne Schutz vor den kriegerischen Kelten waren, baten die Angeln, Sachsen und Jüten, als Schutztruppen nach Großbritannien zu kommen. Die germanischen Söldner ließen sich hier bald nieder und vermischten sich, was zu dem Begriff der Angelsachsen führte. Die Kelten wurden in die äußeren Teile des Landes, nach Wales, Schottland und Cornwall verdrängt. Vor allem die Angeln und Sachsen teilten das eingenommene Land nach und nach in kleine Königreiche auf, die später zu einem wurden. Ihnen gelang innerhalb von weniger als 300 Jahren, woran die Römer vor ihnen gescheitert waren: Es fand ein Sprachwechsel vom Keltischen zum Angelsächsischen statt. Ein anderes Wort für Angelsächsisch ist “englisc”, heute “englisch”. So bekam das Land den Namen England. Ein Grund für die Dominanz der angelsächsischen oder altenglischen Sprache könnte sein, dass die Germanen über einen längeren Zeitraum die Insel besiedelten, das Land selbst bestellten und sich endgültig niederließen.

Auch wenn im Laufe der Zeit die altenglische Sprache sich immer wieder veränderte und auch durch die Wikinger und Franzosen beeinflusst wurde, finden sich noch heute weit über 5.000 Wörter aus dem Angelsächsischen im modernen Englisch wieder. Diese Wörter aus den Bereichen Haushalt, Körper und Natur weisen erstaunliche Ähnlichkeit mit dem heutigen Plattdeutsch auf. Beispiele sind Messer (englisch: knife, plattdeutsch: Kniv), Fuß (englisch und plattdeutsch: foot), Wasser (englisch und plattdeutsch: water) oder Sonnenschein (englisch: sunshine, plattdeutsch: Sünnschien), aber auch Zahlen (zehn; englisch: ten, plattdeutsch: tein) oder Pronomen (er; englisch und plattdeutsch: he). Sogar die deutsche Mehrzahl auf -en wurde bei einigen Wörtern beibehalten, wie bei ox, oxen (Ochse, Ochsen), child, children (Kind, Kinder) oder man, men (Mann, Männer). Selbst in Bestsellern wie „Herr der Ringe“ des deutschstämmigen Autors Tolkien lebt die angelsächsische Sprache noch. So lässt Tolkien, Professor der angelsächsischen Sprache, im Roman das Volk der Rohan einen angelsächsischen Dialekt des fünften Jahrhunderts sprechen. Auch in den englischen Wochentagen lässt sich erkennen, dass noch heute die germanischen Ursprünge aus der Sprache nicht wegzudenken sind. So stammt der Tuesday vom germanischen Gott Tiu (Tyr), der Wednesday (Mittwoch) von Wotan und der Thursday (Donnerstag) wie bei uns von Donar (Thor), dem Gott des Donners.

Quelle: Nachrichtenagentur der Internationalen Medienhilfe (IMH), www.imh-service.de/Nachrichtenagentur, Autorin: Talea de Freese

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