Wenn sich Arbeit und Privatleben vermischen – oder: Ist eine Trennung überhaupt möglich?

Wir leben in einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zunehmend verschwimmen. Viele Arbeitnehmer sind ständig erreichbar, lesen ihre Mails per Smartphone, telefonieren von unterwegs und schalten nie richtig ab. In Bürojobs sind Home-Office-Tage mittlerweile Standard und mit Laptop lässt es sich theoretisch zu jeder Zeit und von jedem Ort aus arbeiten. Verpflichtet dazu sind wir meist nicht – tun es aber trotzdem. Ist das gut? Oder lohnt es sich, mehr Grenzen zu ziehen?

Unsere Welt hat durch den digitalen Fortschritt ein hohes Maß an Flexibilität dazugewonnen. Wenn wir im Beispiel des Bürojobs bleiben: Früher endete die Arbeitszeit dann, wenn man den Rechner ausschaltete und den Arbeitsplatz verließ. Heute arbeiten viele von zu Hause weiter oder fahren zum Arbeiten gar nicht erst ins Büro – was natürlich auch Vorteile hat, denn wer weiter entfernt wohnt, spart Benzin und Zeit, wenn er im Home-Office bleibt. Auch die Familie oder sonstige Termine lassen sich wunderbar damit vereinbaren. Das Kind muss mittags von der Kita abgeholt werden? Kein Problem: Wenn man sowieso von daheim arbeitet, legt man seine Mittagspause einfach genau in die Zeit und arbeitet anschließend weiter.

Für viele Menschen ist Arbeit nicht einfach nur „Arbeit“, sondern Selbstverwirklichung. Daher ist es auch so naheliegend, dass man sich einen Job sucht, der im besten Fall zu den eigenen Begabungen und Leidenschaften passt, einen Job, für den man sich begeistern kann. Wenn man sich dann noch im Kollegium wohlfühlt und vielleicht sogar Freundschaften schließt, sind die meisten Wünsche, die man an seinen Job hat, bereits erfüllt.

So sehr man es auch genießt, flexibel zu arbeiten und sich mit dem eigenen Tun identifizieren zu können, bringt es doch Nachteile mit sich. Man schaltet selten richtig ab und fühlt sich auch über die Arbeitszeiten hinaus verpflichtet bzw. „berufen“.

Die amerikanische Serie „Severance“ treibt diese Thematik auf den Höhepunkt und zeichnet in bester Science-Fiction-Manier eine Welt, in der Arbeit und Privatleben vollkommen voneinander abgetrennt sind – und zwar durch ein Gehirnimplantat, das das Arbeitsgehirn vom restlichen Teil des Gehirns trennt. Somit entstehen zwei separate „Bewusstseins“, die nichts über das jeweils andere wissen. Das Storytelling der Serie basiert auf dem fiktiven Unternehmen „Lumon“, bei dem diese medizinische Prozedur, genannt „Severance“ Voraussetzung für eine Anstellung ist. Nur wer sich das Implantat einsetzen lässt, kann für Lumon arbeiten.

Der Hauptcharakter der Geschichte, Mark, hat sozusagen zwei verschiedene Ichs. Sein Arbeits-Ich existiert nur auf der Arbeit; es kennt nur die Arbeit und das Büro. Es weiß zwar, dass auch ein Mark außerhalb des Büros existiert, aber nicht wer dieser Mensch ist oder was er für ein Leben führt. Das private Ich hingegen lebt ein ganz normales Leben, weiß allerdings nichts über seinen Job. Es fährt morgens zur Arbeit und verlässt abends wieder das Bürogebäude, hat aber keine Ahnung, was in der Zwischenzeit passiert ist.

Erst im Laufe der Serie finden die Charaktere heraus, dass mehr hinter dieser Bewusstseinstrennung steckt, als sie zunächst meinen. Denn wenn um jeden Preis vermieden werden soll, dass man sich außerhalb der Arbeit an seine Arbeit erinnert, hat das vermutlich Gründe.

Eine sehr empfehlenswerte Serie für Science-Fiction-Fans, die dystopische Zukunftsvisionen mögen. Und nebenbei eine Thematik, die interessante Fragen aufwirft: Lassen sich Arbeit und Privatleben überhaupt trennen? Beeinflussen sie sich nicht immer gegenseitig? Müssen wir Grenzen ziehen, und wenn ja, wo ziehen wir sie?

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