Weihnachten in … Teil IV: Nigeria
Heute berichtet euch Kristin über Weihnachten in Nigeria. Sie ist seit September in dem Land und beschreibt euch, wie dort das christliche Fest gefeiert wird, welche Bräuche es gibt und wie das Festessen aussieht.
Weihnachten feiert man in Nigeria, wie ihr euch bestimmt denken könnt, ganz anders als in Deutschland, angesichts des Klimas. Während in Deutschland gerade Minusgrade herrschen und schon Schnee fällt, hat hier gerade die Trockenzeit begonnen und das Thermometer steigt jeden Tag über 30 Grad. Es ist schon ziemlich schwer, bei solchen Temperaturen in Weihnachtsstimmung zu kommen, da man Weihnachten doch mit Kälte, Weihnachtsbäumen, Schnee und Weihnachtsliedern verbindet. Außerdem fehlt in Nigeria fast gänzlich die Weihnachtsdekoration. In Privathaushalten findet man Weihnachtsdeko ganz selten und meist nur bei Leuten die schon einmal im Ausland waren und diese von dort kennen. Wo man Weihnachtsdekoration finden kann, ist in Schnellrestaurants oder an einigen Fassaden großer Banken. Gestern habe ich tatsächlich einen Weihnachtsbaum in einem Restaurant gesehen. Das wird aber vermutlich einer der wenigen hier in Aba sein. Der Baum war selbst für die Einheimischen eine Attraktion. Viele haben ihre Kameras gezückt und Fotos mit ihren Kindern und Freunden geschossen und faszinierte Blicke ausgetauscht. Aba liegt im Südosten Nigerias und ist eine, für afrikanische Verhältnisse, kleine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern. In größeren Städten wie Abuja und Lagos kann man oft Weihnachtsdekoration und auch Weihnachtsbäume finden, da dort viele Menschen aus anderen Ländern leben, aber in kleineren Städten ist dies kaum verbreitet.
Die Weihnachtszeit in Nigeria wird von den meisten Familien in ihrem Heimatdorf verbracht. Auch wenn es viele in die großen Städte zieht, liegen die Wurzeln aller in einem kleinen Dorf, in dem sich die ganze Familie zusammenfindet und in dem meist die Großeltern oder andere Verwandte leben. Die Städte sind zur Weihnachtszeit wie ausgestorben. Am 24. Dezember ist es Tradition (nicht mehr überall), hauptsächlich in den Dörfern, am Abend von Haus zu Haus zu ziehen und Weihnachtslieder zu singen. Diesen Brauch kennen einige von euch vielleicht aus den USA oder Großbritannien. Am Morgen des 25. Dezembers gehen alle gemeinsam in die Kirche. Ganz wichtig ist dabei, dass man brandneue Kleidung trägt, die nicht traditionell zu sein hat. Bei den Erwachsenen ist es nicht unbedingt ein Muss, aber die Kinder sollten an diesem Tag in der Kirche neue Kleider tragen. Einen bestimmten Zeitpunkt, an dem Geschenke verteilt werden, gibt es hier nicht, da diese nicht so wichtig sind wie in der westlichen Welt. Natürlich nimmt dieser Brauch hier immer mehr Einzug, aber traditionell gibt es zu Weihnachten kaum Geschenke. Manche schenken Geld oder beauftragen eine Person in der Familie Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Den Weihnachtsmann kennt man hier inzwischen auch, aber er wird nicht als der „Geschenkebringer“ gesehen wie in der westlichen Welt.
Um das Weihnachtsessen wird hier kein großer Hehl gemacht. Während bei uns in Deutschland immer ordentlich geplant wird, was es am 24. Dezember und an den Feiertagen zu essen gibt, wird hier in den meisten Familien „fried rice with chicken“ (Reis mit Hühnchen), so wie an jedem anderen ganz normalen Tag auch, gegessen. Nur am 24. Dezember wird am Morgen ein „fowl“ (Hühnchen) geschlachtet und serviert. Wer es sich leisten kann, schlachtet anstelle des fowls eine Ziege. Ziegenfleisch ist hier neben Rind und Hühnchen das am meisten konsumierte Fleisch. Übrigens werden hier auch Affen- und Hundefleisch gern gegessen.
Wie schon erwähnt, verbringen fast alle die Weihnachtszeit in ihrem Heimatdorf. Jedes Dorf hat seine eigenen kleinen Traditionen. Zum Beispiel gibt es ein dreitägiges Fest mit Tanz und Musik, was an drei Tagen stattfindet. Am 27. Dezember, am 29. und am 1. oder 2. Januar. Hier tragen die Männer Masken und weiße Tücher, die den Rest des Körpers bedecken. Sie trommeln und tanzen, während die Frauen für das Kochen zuständig sind und dabei auch trommeln. Am ersten der drei Tage verkleidet sich ein Mann als Löwe und läuft durchs Dorf und belästigt die Einwohner. Eine Gruppe Männer mit Gewehren (keine echten) läuft hinter dem Löwen her und versucht ihn zu „erschießen“. Am Ende des Tages wird der Löwe gefangen und „erlegt“ und triumphierend durch das Dorf getragen. Leider konnte man mir niemand die Symbolik und Herkunft der Tradition erklären.
In Umuderim (zwischen Owerri und Aba) hingegen wird am 25. und am 26. getanzt und gefeiert, die sogenannte „Masquerade“. Nach dem Kirchengang am 25. Dezember und dem Essen mit der Familie gehen alle gemeinsam zum größten Marktplatz im Dorf, denn dort findet die Masquerade statt. Es gibt verschiedene Gruppen von Tänzern, die unterschiedliche Masken tragen. Der wichtigste Tänzer, er ist von Anfang bis Ende dabei, trägt eine Maske, deren Schmuck bis zum Boden reicht. Die anderen Gruppen kommen von Zeit zu Zeit zum Vorschein und tanzen für die Anwesenden. Dazu wird getrommelt und Musik gespielt. Die Schaulustigen, die bei der Masquerade nicht dabei sind, stehen aber nicht nur am Rand und gucken, alle tanzen und singen mit. Selbst wenn die Tänzer mit ihrem „Programm“ fertig sind, wird bis in die späten Abendstunden weitergetanzt. Am 26. Dezember geht die Masquerade dann am Abend zu Ende. Die meisten Familien bleiben bis weit ins neue Jahr in ihren Dörfern. Die Weihnachtsferien dauern hier, anders als bei uns, 4-6 Wochen.
Ein schoenes Weihnachtsfest allen.