Jana Volkmann – „Fremde Worte“


MariaAus der Textlicht-Reihe des österreichischen Verlags edition atelier: Perfekt für jede Manteltasche

Der Wiener Verlag edition atelier beschreibt seine Textlicht-Reihe selbst als „Literatur die unter die Haut geht und im Kopf bleibt“ – genau das macht Jana Volkmanns Geschichte „Fremde Worte“, jetzt erschienen in eben jener Reihe.

Hanna ist eine Einzelgängerin, ihre Leidenschaft: Widmungen in Büchern. Sie liest die Bücher selbst längst schon nicht mehr und auch die Autoren sind ihr mittlerweile egal, teilweise sogar unsympathisch. Aber die Widmungen, die lassen sie immer wieder in eine ganz andere Welt abtauchen. Sie verliert sich dann in den Geschichten, die möglicherweise hinter diesen fremden Worten stecken, und wird unbewusst Teil von ihnen. Um ihre Schätze zu finden, streift sie regelmäßig durch Antiquariate und über Flohmärkte und nimmt den Leser so mit auf eine ganz besondere Reise durch ihre Heimatstadt Berlin.

Das Spiel, das Hanna sich selbst auferlegt und strenge Regeln dazu erdacht hat, gerät ins Wanken, als sie plötzlich auf eine Frau trifft. Eine Frau in einem Café, die sie unaufhörlich anschaut, eine Frau, die sie ihre Regeln brechen lässt. Plötzlich wird Hanna selbst ihre spannendste Geschichte. Als sie die Frau an der Straßenbahnhaltestelle erneut trifft, erzählt sie ihr ein raffiniertes Lügenkonstrukt über ihre angebliche momentane Obdachlosigkeit und landet schlussendlich in ihrer Wohnung, in ihrem Bett. Dankbar und glücklich verlässt Hanna am nächsten Morgen ihre Zwischenunterkunft und verabschiedet sich heimlich von der Frau, die sie als eine Matrjoschka beschreibt, die „ihre kleineren Selbst in sich verborgen“ trägt. Damit erklärt sich nicht nur das Umschlagbild, sondern wird vermutlich auch eine der schönsten Metaphern erschaffen. Die Begegnung scheint Hanna am Ende ein ganzes Stück näher zu sich selbst gebracht zu haben. Mit einem befreiten Gefühl macht sie sich wieder auf ins Getümmel von Berlins Straßen – allein, aber mit einem Lächeln im Gesicht.

Jana Volkmann erzählt gefühlvoll und eindringlich, wie auch schon in ihrem ersten Buch „Schwimmhäute. 26 Metamorphosen.“, erschienen 2012 bei Periplaneta, in dem sie gleich 26 Protagonistinnen eine Stimmer verleiht. Ihre feinen Beschreibungen von Personen und Orten lassen den Leser ihrer neuen Geschichte erneut für einen kurzen Moment abtauchen, in die Welt der  Bücher, in die Welt der einsamen Protagonistin. 

Hat man sich Jana Volkmanns Erstlingswerk inklusive der neun von ihr selbst vorgetragenen Metamorphosen, welche dem Buch als CD beiliegen, schon zu Gemüte geführt, so hört man auch beim Lesen von „Fremde Worte“ die Stimme der Autorin, welche seit 2010 regelmäßig auf unterschiedlichen Lesebühnen in Deutschland und Tschechien unterwegs ist, immer mitklingen. Eine kleine Hörprobe ihres aktuellen Werks findet sich auf der Webseite des Verlags. Man kann nur hoffen, dass die junge Autorin nie damit aufhört, ihre Geschichten niederzuschreiben und vorzutragen.