Handlettering: Eine Renaissance der Schreibschrift?

Sollten Kinder noch Schreibschrift lernen und überhaupt noch handschriftlich schreiben?

Dass Schulkinder schreiben lernen sollen, ist unumstritten. Bei der Frage nach dem „Wie?“ gehen die Meinungen allerdings auseinander. Während die einen darauf beharren, dass neben der Druckschrift auch eine Schreibschrift gelehrt werden sollte, plädieren die anderen dafür, sich allein auf die Druckschrift zu konzentrieren. Schließlich bereitet diese vielen Kindern schon genug Probleme. Und angesichts einer sich fortschreitend digitalisierenden Welt, in der fast nur noch getippt wird: Sollten Kinder überhaupt noch handschriftlich schreiben üben?

Handschreibschriftarten

Grundsätzlich unterschieden wird zwischen Druck- und Schreibschrift. Während bei der Druckschrift der Stift nach jedem vollendeten Buchstaben abgesetzt wird, ermöglicht die Schreibschrift durch Verbindungen der Buchstaben miteinander schnelleres Schreiben.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde in Deutschland die deutsche (Kurrent-) Schrift verwendet. Sie war insgesamt spitzer als die lateinische Schrift und wurde während der NS-Zeit verboten. Eine Variante der deutschen Kurrentschrift ist die 1911 von Ludwig Sütterlin entwickelte und nach ihm benannte Sütterlinschrift. Ein Detail der deutschen Schrift, das sich bis heute allerdings erhalten hat, ist der Bogen über dem „u“ zur Unterscheidung vom „n“. Ein anderes solches Detail ist der Querstrich der „7“, um sie von der „1“ unterscheiden zu können. Bis heute wird die lateinische Schreibschrift verwendet.

In Grundschulen wird üblicherweise zunächst die Druck- und dann die Schreibschrift unterrichtet. Eine Kompromisslösung stellt die Grundschrift dar, um Schreibanfängern den Übergang von Druck- zu Schreibschrift zu erleichtern. Einige fordern aber auch, die Differenzierung zwischen Druck- und Schreibschrift durch die Grundschrift ganz zu ersetzen.

Funktionen von Schriftarten

Der Debatte um Druck-, Grund- und Schreibschrift ist eine wesentliche Frage vorgelagert: Welche Funktionen haben Schriftarten? In erster Linie geht es natürlich um die Lesbarkeit, aber die eigene Handschrift ist auch ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Persönlichkeit. Nicht umsonst müssen wichtige Dokumente selbst im digitalen Zeitalter häufig noch händisch unterschrieben werden. Auch ein handschriftlich verfasster Brief wirkt doch gleich noch einmal viel persönlicher als eine getippte E-Mail. Nicht zuletzt sind Hand- und Schreibschriften aber auch ein wertvolles Kulturgut.

Handlettering

Etwa zeitgleich zur Debatte um die Abschaffung der Schreibschrift aus dem Lehrplan kursiert insbesondere unter jungen Mädchen der Trend des Handletterings. Abertausende Pinterest-Bilder liefern Inspirationen für ästhetisch gestaltete Überschriften für Lernunterlagen und in den Geschäften liegen ganze Handlettering-Starter-Sets inklusive Kalligrafiefüller und Brushpens aus. Der Handlettering-Trend macht deutlich: Ein nicht unerheblicher Teil der Jugend interessiert sich noch für handschriftliche Schreibschrift. Es sind die kunstvoll geschwungenen Linien, die uns beeindrucken, das gerade Schreiben können selbst ohne Lineatur und das gleichmäßige „Schreiben wie gedruckt“.

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