Oh Boy

Mediathektipp

Pagel Berlin

Welcher Filmstudent wünscht sich nicht, mit seinem Spielfilmdebut einen riesigen Erfolg zu feiern?

Jan Ole Gerster hat genau das geschafft! Seinen Film „Oh Boy“ hat er 2010 als Abschlussprojekt an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin gedreht. Nur zwei Jahre später kam der Schwarz-Weiß-Film in die Kinos und 2013 wurde der Erfolg mit dem Deutschen Filmpreis in sechs Kategorien sowie dem Europäischen Filmpreis für den besten Nachwuchsfilm gekrönt.

Was diesen Film so besonders macht? Einfach, dass er anders ist als alles, was man in der deutschen Kinolandschaft sonst zu sehen bekommt. Es ist nicht der typische Schweiger- oder Schweighöfer-Plot mit Schnulzengarantie und vorhersehbarer Handlung. Nein, „Oh Boy“ besticht durch eine Mischung aus Tragik und Humor.

Die Zuschauer begleiten den jungen Berliner Niko Fischer an einem Tag, der alles oder nichts verändern kann. Er lässt sich im wahrsten Sinne durch die Hauptstadt treiben, gerät in eine absurde Situation nach der anderen. Die schwarz-weißen Bilder reduzieren den Blick auf das Wesentliche und der Kontrast lässt Berlin zu einem magischen Ort werden. Nicht nur die jazzige Musik, sondern auch die Zwischenpassagen, die verschiedene Ecken von Berlin zeigen, lassen den Film zu einem Porträt der Stadt und ihrer Bewohner werden. Die Großstadt, seit ihrem Entstehen ein häufig verarbeitetes Motiv in der Kunst, wird zum Charakter. Der Protagonist, gespielt vom herausragenden Tom Schilling, scheint ein Produkt dieser Stadt zu sein. Hin- und hergerissen, unsicher, verunsichert, was man mit dem Leben anfangen soll, strahlen beide gleichzeitig doch eine innere Ruhe und Stabilität aus. 

Tom Schilling macht den Protagonisten durch sein Spiel zu einem liebenswerten Chaoten, mit dem der Zuschauer sympathisiert. An so mancher Stelle im Film kommen einem tatsächlich die Worte Ach Junge… über die Lippen und man möchte am liebsten in die Szene hineinspringen und Niko Fischer aus der Patsche helfen.

Der in nur vier Tagen gedrehte Film brilliert aber nicht nur durch Tom Schilling. Gerster hat es geschafft für die Nebenrollen ebenso eindringliche Schauspieler zu finden. Friederike Kempter, Justus von Dohnányi und Michael Gwisdek spielen ihre Charaktere so echt, dass sie den Zuschauer mitten ins pralle Leben katapultieren.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann den Film noch bis zum 7. November in der ARD-Mediathek ansehen –> http://bit.ly/1Jt3xOQ