Skulpturale Poesie – Kunstwerkstatt Stella Hamberg

Hamberg„Wie aus einem Mythos gefallen, den keiner kennt“, so leitet Klaus Heinrich Kohrs das Buch Kunstwerkstatt Stella Hamberg ein, und ja, der mehrköpfige groteske Hund, der „Gefährte“, dessen kräftiger Körper hinter seiner verreckenden Kleidung verborgen ist und der wartend in einer wohl düsteren, unsichtbaren, geheimnisvollen Welt hockt und die „Beserker“, die geradezu durch den Raum schlürfen mit ihren klobigen Extremitäten – sie könnten tatsächlich aus einem Mythos stammen.

Kohrs beschreibt und bespricht die Werke Hambergs mit Bezügen zu den Qellen, die der Künstlerin als Inspirationen dienten und diese liegen in den großen klassischen und klassisch beeinflussten Epochen der Kunstgeschichte. Mit Zitaten wird die Künstlerin selbst dem Leser nähergebracht: „Immer wieder suche ich gerade das Unberechenbare. Binde Materialauffälligkeiten ein, lasse den spontanen Duktus zu, kläre und verunkläre immer wieder, bis das Bild seinen Mythos findet.“

Carola Winkler geht in einem Gespräch mit Hamberg näher auf ihre Arbeit in der Werkstatt ein und auf die Ideen, die hinter ihren Arbeiten stecken, außerdem erklärt Hamberg, was Kunst für sie ist: „Heinrich Heine sagte, Kunst sei das träumende Spiegelbild der Zeit. Ich würde sagen, sie ist das träumende Spiegelbild der Welt, wie sie in uns wirkt.“
Was Kunst auch immer ist, die von Stella Hamberg ist charakteristisch. Ihre Reliefs sind grobe Strukturen aus denen Hände, Arme und Beine herausragen. Die groben Strukturen finden sich auch an einigen Figuren wieder, etwa an den Berserkern.

Die in diesem Buch vorgestellten Werke bergen irgendwie ein klassisches Niveau in abgewrackter, gebrochener oder grober Aufmachung – ein bitter-schöner Gegensatz. Die Innerlichkeit und Äußerlichkeit ihrer Arbeiten finden sich ebenso in Hambergs Werkstatt wieder. Auf den Fotos ist eine starke und doch zierliche Frau abgebildet, die mit schweren Ketten und großen Zangen hantiert. Stella Hamberg fährt künstlerisch schwere Geschütze auf. Doch den Figuren aus kaltem massiven Material wohnt auch etwas zerbrechliches inne, etwas Unerreichbares, das genauso anziehend wie unnahbar ist.

Die letzten Seiten des Buches zeigen Bilder der Ausstellung „Reset“ (2009): ein großer weißer Raum, der nichts enthält außer einem bronzenen Wischmopp mit Wasserlache und Schrubber. Doch was macht diese belanglosen Alltagsgegenstände zur Kunst? Stella Hamberg, denn sie hat Poesie darin gefunden.

Für Kunstinteressierte ist dieses Buch ein lohnenswerter Einblick in die Arbeit einer erstaunlichen Künstlerin, deren Werke einfach auch mal umhauen können.

HambergKunstwerkstatt
Stella Hamberg
Prestel Verlag München
ISBN: 379134353X