Ist das Satire oder kann das weg? – Einblicke in die PARTEI

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Foto: Die PARTEI Marburg-Biedenkopf / Bilder: A.Steder, Layout: B.Bürger

Spätestens seit Martin Sonneborn in Brüssel Einzug erhalten hat, ist seine Partei den meisten bekannt. Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (kurz Die PARTEI) wurde 2004 von dem Herausgeber und Chefredakteur des Satiremagazins TITANIC gegründet und verfolgt seitdem vehement ihre Ziele. Doch was sind überhaupt die Ziele dieser PARTEI, die bei vielen Leuten Kopfschütteln und Verständnislosigkeit auslöst? Um diesem Rätsel nachzugehen und zu zeigen, was wirklich dahinter steckt, habe ich ein junges Mitglied der PARTEI getroffen. Marius Beckmann, 26 Jahre jung, studiert Politikwissenschaften in der hessischen Stadt Marburg. Er kandidierte dieses Jahr als Oberbürgermeister in Marburg und erreicht mit der PARTEI 2,2% der Stimmen. In einem Interview erzählt er uns mehr über die PARTEI, seinen Wahlkampf und über Satire.

Kultürlich: Marius, was hat dich dazu bewegt, dich in der Politik zu engagieren und der PARTEI beizutreten?

Beckmann: Nun, politisch engagiert war ich eigentlich schon mein ganzes Studium. Zum einem, weil ich Spaß daran habe, und zum anderen natürlich auch, weil man so für oder gegen bestimmte Dinge arbeiten kann.
Die PARTEI fand ich lange schon sehr gut und stand ihr inhaltlich auch immer nahe. Ich habe nicht zuletzt auch Hochschulpolitik gemacht, die sehr PARTEImäßig war. Wirklich beigetreten bin ich dann, weil wir uns auf einem Festival sehr gut mit Jan Steffen aus dem Vorstand der PARTEI Hessen unterhalten haben, und den Deal klar gemacht haben, dass wir Marburg kriegen und die PARTEI den Rest von Hessen,

Was genau gefällt dir denn so gut an der PARTEI? Einigen Menschen scheinen die Ziele von Sonneborn & Co. oft nicht ganz klar zu sein.

Dass wir es als einzige Partei schaffen bei unserem Engagement wirklich Spaß zu haben, und auch andere Leute sich oft sehr freuen, wenn wir auftauchen, weil es dann nicht so langweilig wird. Außerdem laufen in der PARTEI auch keine Karrierist*innen rum, die alles was jemand in ihrer Partei macht aus Prinzip gut finden und verteidigen, sondern es sind vielmehr sehr viele, nette und engagierte Leute, die sich nicht engagieren, um mal einen sicheren Posten zu kriegen. Davon gibt es bei uns sowieso keine.
Dass es Leute gibt, die nicht verstehen, was wir wollen, ist nichts Neues. Ich habe das auch oft zu hören bekommen, und dass ich meine Zeit doch für was Sinnvolles nutzen sollte, oder doch lieber Karriere in einer “richtigen Partei” machen soll.
Aber diesen Leuten ist halt nicht klar, dass es viele Menschen gibt, die einen satirischen Ansatz für die einzig erträgliche und mit sich selbst vereinbare Variante halten, Politik zu machen.

Das Titanic Magazin erweist sich als PARTEInahes Satiremagazin und auch andere Medien nutzen die Satire ja immer häufiger, um die Menschen zu erreichen und für Themen zu sensibilisieren. Wieso scheint denn genau dieser Ansatz in der Politik zu funktionieren? Auf den ersten Blick passen Satire und Politik ja nicht zusammen, oder?

Die Titanic ist nicht nur PARTEInah, sondern unser offizielles PARTEI-Organ. Schließlich sind wir damals von Titanic-Redakteur*innen gegründet worden.
Ich glaube das funktioniert so gut, weil die Leute sehr enttäuscht von den etablierten Parteien und deren Politik sind und wir ja versuchen, diesen einen Spiegel vorzuhalten und sie so zu etwas werden, über das man lacht und nicht einfach nur traurig den Kopf schüttelt. Abgesehen davon machen unsere Auftritte, Veranstaltungen etc. im Gegensatz zu denen von anderen Parteien auch einfach Spaß. Unsere Wahlplakate schaut man sich gerne an und ärgert sich nicht, wenn man schon wieder eine Politikerfratze sehen muss.
Dass Politik und Satire nicht zusammen passen finde ich gar nicht. Vielmehr bietet sich diese doch optimal dafür an, ist sie doch quasi das Hauptthema der Satire, und ich halte in der politischen Auseinandersetzung satirische Mittel auch generell für sehr legitim. Falls jetzt der Einwand kommt, Politik wäre doch zu ernsthaft für Satire, muss ich sagen, dass nichts zu ernsthaft für Satire ist und sie dort am besten wirkt, wo sie weh tut.

Im Juni bist du als Oberbürgermeisterkandidat in der hessischen Stadt Marburg für die PARTEI angetreten. Dort wurdest du dann selber Teil solcher Auftritte und Veranstaltungen. Vielmehr sogar der Mittelpunkt. Wieso hast du dich dazu entscheiden, diesen Wahlkampf zu bestreiten und einen Teil des Deals zu erfüllen, “Marburg zu kriegen”?

Nachdem wir gesehen hatten, wer alles zu dieser Wahl antritt wollten wir eine wählbare Alternative bieten, und da ich schon massive hochschulpolitische Erfahrungen habe und auch schon als Landtagsdirektkandidat in Marburg kandidiert hatte und somit nicht völlig unbekannt war, bot sich das an.

Welche Erfahrungen hast du in deinem Wahlkampf gemacht, die dich trotz deiner politischen Erfahrungen in der Hochschulpolitik und für die PARTEI überrascht oder auch erfreut haben?

Es gab erstaunlich viel positives Feedback, auch von Menschen, die man nicht direkt als PARTEI-Sympathisant*innen eingestuft hätte. Das war doch sehr schön. Dass ich immer noch des Öfteren auf der Straße erkannt und freundlich gegrüßt werde, hätte ich jetzt so nicht gedacht.

Hast du denn neben diesen positiven Begegnungen auch negative Dinge erlebt? So ein Wahlkampf ist ja nicht ohne. Ich stelle es mir durchaus auch sehr anstrengend vor, täglich Hände zu schütteln und Interviews zu geben.

Ja, aber es waren wenige. Es gab einige Leute, die einfach so verbittert sind, dass sie ziemlich hasserfüllt darauf reagieren, wenn man Satire macht. Aber das waren eher traurige Einzelfälle. Darüber hinaus ist es natürlich auch nicht ohne gewesen, so viele Termine zu haben. Am anstrengendsten waren aber eigentlich die Termine, wie Podiumsdiskussionen, wo man nach 3 bis 4 Terminen den gleichen Unsinn in verschiedenen Varianten von den anderen Kandidat*innen gehört hatte. Aber es war so, dass ich mich bis zum Ende eigentlich immer gut motivieren konnte, schließlich waren mein Wahlkampf-Team und ich als einzige dafür verantwortlich, dass der Wahlkampf nicht vollendest langweilig wird.
Aber ich bin auch froh, dass es jetzt vorbei ist und ich nicht mehr jeden Tag Wahlkampf-Termine habe.

Du hast damit schon die anderen Kandidat*innen angesprochen, die von SPD, CDU, den Linken und den Grünen ins Rennen geschickt wurden, sowie ein parteiloser Kandidat. Wie war dein Verhältnis zu deinen Mitstreitern? Hattest du das Gefühl, dass sie dich als OB- Kandidat ernst genommen haben?

Nun, meistens wurden meine Angriffe mit viel Humor aufgenommen, meist souveräner als ich es erwartet hatte. Vermutlich auch, weil man ziemlich blöd dasteht, wenn man sich über die PARTEI aufregt und so etwas eher Stimmen kosten würde, als es bringt.
Neben einigen Leuten war es auch ganz unterhaltsam bei Diskussionen zu sitzen, aber ich will hier jetzt natürlich keine Namen lobend erwähnen. Was das ernst nehmen betrifft, nun ich glaube, die haben relativ schnell gemerkt, dass da kein alberner Kasper mit ihnen im Wahlkampf ist, sondern jemand, der engagiert, informiert und gut vorbereitet ist und ihre Ausführungen nicht unkommentiert dastehen lassen wird.

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Foto: Die PARTEI Marburg-Biedenkopf / Bilder: A. Steder, Layout: B.Bürger

Mit deinem Wahlprogramm hast du versucht, auch die Wähler*innen zu überzeugen, dass du keine alberner Kasper bist. Obwohl eine Flutung der Oberstadt doch schon sehr kurios klingt.

Nun ja, wir haben uns mit den Verkehrskonzepten für Marburg beschäftigt, und natürlich vor allem der Seilbahn, die die Grünen fordern. Das fanden wir so unsinnig, dass wir uns ein ebenso grotesk anmutendes Konzept überlegt haben. Allerdings wäre diese Flutung billiger, effektiver und schöner anzusehen. Schiffsverkehr in der Oberstadt wäre natürlich auch extrem innovativ und würde ein Mehr an Tourist*innen bringen,
Wir haben im Wahlkampf auch einen etwa einstündigen Vortrag darüber gehalten, wie diese Flutung genau aussehen würde, inklusive des flutungsfreien Randbereichs, damit keine Kneipen, Geschäfte, Wohnungen etc volllaufen. Wer will, kann sich den Vortrag gerne bei Youtube ansehen.

Das werde ich unseren Leser*innen auf jeden Fall ans Herz legen. Und an dieser Stelle wird sich der ein oder andere wieder fragen: Welche Punkte in diesem Wahlprogramm sind denn nun wirklich ernst gemeint?

Die Frage habe ich irgendwie häufiger gestellt bekommen. Ich sage natürlich, dass alle unsere/ meine Punkte ernst gemeint sind. Das einige etwas grotesker anmuten als andere ist natürlich klar. Aber billiger Wohnraum, ein Maklerverbot, eine Brauerei für Marburg, mehr Spätis und ein „Nein“ zur Bundesgartenschau sind ja alles Punkte, die jedem sofort als einleuchtend erscheinen sollten.

Da stimme ich nur zu. Leider konntest du trotz deinem tollen Wahlkampf und Einsatz für die PARTEI den Schritt Richtung Rathaus nicht vollenden. Würdest du dich trotzdem noch einmal in so einen abenteuerlichen Wahlkampf mit der PARTEI stürzen oder reicht das fürs erste?
Vielleicht käme ja auch eine andere Partei für dich in Frage für den nächsten Wahlkampf!?

Ja, das stimmt leider, aber wie üblich sind daran die Schuld, die wie üblich Unsinn gewählt haben und nicht die sehr schlauen Wähler*innen, die mich gewählt haben. Aber das Ergebnis war ja trotzdem ein gutes und ich würde so etwas für die PARTEI auch gerne nochmal machen, aber das muss jetzt nicht unbedingt direkt wieder sein. Ein wenig Zeit kann ruhig wieder ins Land gehen.
Für eine andere Partei würde ich meine wertvolle Zeit natürlich nicht aufwenden, die PARTEI oder gar nicht, so lautet die Devise. Abgesehen davon, glaube ich kaum, dass ich in einer anderen Partei überhaupt so weit kommen würde und nicht recht schnell wieder rausfliegen würde. Wobei ich bei den anderen Parteien eigentlich schon von vornerein nicht Mitglied werden möchte.

Also doch durch und durch PARTEImensch!
Abschließend eine Frage zur momentanen politischen Lage in Deutschland. Welche Veränderungen wünschst du dir für die Zukunft?

Abgesehen davon, dass ich mir wünsche, dass die Wähler*innen erkennen, wer hier die eigentlich Spaßparteien sind die Unsinn reden und mehrheitlich zur PARTEI finden, wäre es natürlich sehr begrüßenswert, wenn wir endlich dahin kommen, Menschen auf der Flucht zu helfen und sie nicht mehr zu bekämpfen und zu kriminalisieren.
Ansonsten sollten sich die Leute öfters mal Bilder von Quokkas anschauen, das macht einen zu einem besseren Menschen.

Dem ist nichts hinzuzufügen!
Vielen Dank für deine Zeit und das interessante sowie aufschlussreiche Interview! Bestimmt konntest du einige Wähler*innen für dich und die PARTEI gewinnen. Ich drücke dir die Daumen für deine politische Zukunft!

Ich habe zu danken!

 

Mehr zu Marius Beckmann und die PARTEI Marburg- Biedenkopf findet ihr hier!