Kluge Stimme

Musiktipp

Die Themen, über die Sookee rappt, haben wenig mit dem Image zu tun, das sich viele ihrer Rap-Kollegen zulegen, um zur harten Rap-Szene zu gehören. Die Berliner Rap-Musikern hat sich bewusst dafür entschieden, nicht die bekannten Klischees der Rap-Landschaft zu bedienen. Da, wo man vielen Rappern vorwirft, sexistische und homophobe Texte zu verbreiten, erhebt die queere Rapperin ihre Stimme gegen Sexismus, Homophobie, Rassismus und jede andere Form von Diskriminierung. Auch, wenn sie in den Anfängen ihrer Karriere auf den Zug aufgesprungen ist und viele der bekannten Klischees wiederholt hat, um Anerkennung zu bekommen, ist Sookee bewusst geworden, dass sie selber unter dem, was sie rappte, leidet. Seit diesem Wendepunkt lauten ihre Themen: Emanzipation und politisches Bewusstsein. Die Feministin weiß, wovon sie spricht: Sie ist Linguistin und studierte Gender Studies. „Mortem und MakeUp“ lautet der Titel ihres neuen Albums, das wichtige Botschaften übermittelt ohne belehrend zu wirken…

Sie nennt sich nicht nur Sookee sondern auch „Quing of Berlin“ – gleichzeitig König und Königin. Es zeigt ihre Haltung gegen ein erzwungenes Rollenverhalten. Genau darum geht es auch in ihren Liedern. Kritisch beäugt sie z. B. in dem Lied „Queere Tiere“ den Kategorienzwang der Menschen, indem sie durch Beispiele aus dem Tierreich „Querness“ erklärt.In einem Interview sagt die Musikerin dazu: „Ich finde Seepferdchen toll: Die Jungs kriegen die Babys. Ich habe in meinem Umfeld Transmänner, die noch die Option haben, schwanger zu werden. Die hadern allerdings sehr damit, wie in dieser Gesellschaft die Reaktionen auf eine Schwangerschaft ausfallen könnten. Für mich sind diese Transmänner keine Transmänner, sie sind halt Männer und sie können halt schwanger werden. Dann kommen aber diese altbackenen Arschgeigen und sagen (verstellt die Stimme, meckernd): ‚Nein, in der Natur und wegen Fortpflanzung und Erhalt der Arten.‘ Ich könnte da echt im Strahl kotzen.

In „Die Freundin von“ geht es um Ausgrenzung und dem Wunsch nach Akzeptanz. Sookee rappt hier über Ängste und Gesellschaftshierarchien: „Um mich rum ein Mosaik, Kanten und Brüche/Arroganz und Gerüchte/Es ging immer nur darum, nicht unterzugehen/Denn wenn du inhaltlich keine Relevanz hast/Geht es darum wie du aussiehst, was du anhast.“

Lieder wie „Spuck auf rechts“ oder „Q1“ positionieren sich gegen Rechtsextremismus und behandeln die Politikverdrossenheit der Gesellschaft. Gleichzeitig wird die Beziehung zwischen Männern und die gesellschaftliche Rollenverteilung an den Pranger gestellt: Männlichkeit darf nicht zu Schaden kommen/Frauen kriegen Kinder, Männer kriegen Geld und Anerkennung/Witze peitschen durch das Netz wenn wir darüber anders denken/Männer müssen Männer sein, Männer dürfen Männer nicht liebenNur Kameraden sind Männer, Männer müssen die Grenze ziehen/175, ein wunder Punkt geschichtlich. Wie kann man nur hassen, dass Menschen sich lieben, Realität ich blicks nicht“.

„Hüpfburg“ erzählt die Geschichte einer verbotenen Freundschaft zwischen dem türkischen Jungen Yüksel und seinem Freund aus nationalistisch-gesinntem Umfeld, so heißt es in dem Lied: „Abends liege ich im Bett und überlege wie ich Yüksel sag, dass ich nicht mehr neben ihm sitzen mag“. “Und in der Nacht hab ich von Yüksel geträumt/In meinem Traum war ich türkisch, er deutsch/Und als er sagte, er würde mich nicht mögen/War ich ziemlich enttäuscht/Er war auf der Hüpfburg, aber ganz allein/Irgendwie tat er mir leid“

Auch, wenn der Rapstil der Musikerin noch nicht ganz ausgefeilt ist, sind die Texte gehaltvoll und voller Denkanstöße. Lässig, ehrlich, scharfsinnig und irgendwie charmant – Sookee, eine frische und kluge Abwechslung.

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