Allein ist nicht gleich einsam

Samstagabend. Ich stehe alleine an der Schlange vor dem Ticketschalter und freue mich schon auf den neuen Film. Keiner meiner Freunde interessiert sich für den zweiten Teil oder kennt die Filmreihe, deswegen habe ich mich kurzerhand dazu entschieden, alleine ins Kino zu gehen. Wenn ich mich umschaue überkommt mich jedoch ein mulmiges Gefühl. Zwischen den Pärchen und Freundesgruppen steche ich heraus. Bin ich einsam?

Die Gesellschaft redet uns ein, dass Einsamkeit Gift für unser Wohlbefinden und die mentale Gesundheit sei. Und das stimmt auch. Unzählige Studien beweisen, dass dauerhafte Einsamkeit sich nicht nur durch mentale Krankheiten manifestieren kann, sondern auch schädigend für das Herz-Kreislauf-System ist. Bin ich jedoch zwangsläufig einsam, wenn ich alleine bin?

Allein zu sein und alleine Zeit zu genießen ist ein selbst gewählter Zustand. Ich verbinde es mit positiven Eigenschaften: Kraft tanken, mich selber besser kennenlernen und meinen Bedürfnissen entgegenzukommen. Einsamkeit hingegen ist etwas schmerzliches und bedrohliches. Dabei kommt es nicht auf die Größe des Freundeskreises oder der Familie an. Es ist die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen. Die Zeit, die ich alleine mit mir verbringe bietet mir eine Chance für Achtsamkeit und Selbstzuwendung. Es ist eine wohltuende Pause vom dauerhaften Leben in Gemeinschaft. Diese Phase der Ruhe bietet sich mir auch im vollen Kinosaal am Samstagabend. Ich bin zwar alleine da, jedoch fühle ich mich nicht einsam.

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