Post- und Transhumanismus – was bedeutet das eigentlich?

Vor dem Hintergrund immer brisanter werdender KI-basierter Anwendungen und Bestrebungen einzelner, den menschlichen Körper zugunsten einer vermeintlich unsterblichen Hülle zu überwinden, fallen nicht selten Begriffe wie Post- und Transhumanismus. Häufig ist bei diesen auf den ersten Blick akkurat anmutenden Fachtermini jedoch unklar, wofür sie im Einzelnen stehen und wie sie sich voneinander abgrenzen lassen.

Eine Definition zu geben, die diesen konzeptuellen Ansprüchen genügt und einschlägigen semantischen Unklarheiten abzuhelfen vermag, stellt indessen eine auch von Experten kaum zu bewältigende Aufgabe dar. Dessen ungeachtet scheint für den etymologisch geschulten Geist die Bedeutungsableitung zunächst keiner weiteren Präzision zu bedürfen: Während der Transhumanismus (lat. trans- = jenseits) über den Menschen hinaus zielt, dabei seinem humanen Ausgangspunkt allerdings in nicht näher spezifizierter Weise verhaftet bleibt, scheint der Posthumanismus (lat. post = nach) eine distinkte Überwindung des menschlichen Paradigmas in seiner Gesamtheit und kategorial zu bezwecken.

Das konzeptuelle Problem besteht in diesem Zusammenhang jedoch darin, dass viele Denker und populärwissenschaftliche Vertreter der von ihnen initiierten Bewegung sich je unterschiedlich und oft unter Rekurs auf vollends differente Kriterien in die oben entwickelte Dichotomie einordnen würden: So bleibt es vom zielsicheren KI-Theoretiker bis zur Kritikerin unserer Lebensweise im 21. Jahrhundert und ihrer anthropozentrischen Paradigmen unausgemacht, welche Theorien konkret und aus welchen Gründen noch dem Menschen als Transhumanisten verhaftet bleiben und welchen gerade das Prädikat des Posthumanen gebühren sollte. Beide Sammelbegriffe vereinen ein umfassendes Spektrum von ebenso heterogenen wie teils disparaten Ansätzen verschiedenster Provenienz unter sich und eröffnen auch methodologische Perspektiven, die von stupidem Computationalismus bis hin zu poststrukturalistischer Dekonstruktion und kontinentalökologischer Humanismus-Kritik reichen.

Um eine tiefgreifende Darstellung der Thematik verbürgen und die ihr anhaftenden Etikette präzise verwenden zu können, erweist es sich einerseits als unerlässlich, ein Bewusstsein für die hier nur angedeutete Bandbreite, Tragweite und Dynamik zu entwickeln: Das wiederum äußert sich in Zurückhaltung und Sensibilität – bei der Begriffsverwendung – sowie namentlich in der Überzeugung, dass stets die individuell dargelegte Selbstzuschreibung einer als post- oder transhumanistisch klassifizierten Theorie von Belang ist für die Bewertung derselben. Andererseits lässt sich die Nützlichkeit eines Blicks in die allenthalben proliferierende Literatur zu dem Thema schwerlich in Abrede stellen: Hier finden sich immer neue konzeptuelle Schemata, die die Einordnung unhandlicher Argumentationen aus einschlägigen Bereichen sowohl verlässlicher wie auch fundierter zu gestalten versprechen.

Im Folgenden findet sich eine bei Weitem nicht erschöpfende Liste von Titeln, die indessen einen Anfang darstellen könnten, sich mit der Thematik zu befassen:

  • Loh, Janina: Trans- und Posthumanismus zur Einführung. Hamburg: Junius 2018 (eine hilfreiche und konzise Einführung auf Deutsch).
  • Ranisch, Robert/Sorgner, Stefan Lorenz (eds.): Post- and Transhumanism. An Introduction. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2014 (eine die große Bandbreite von Gesichtspunkten abdeckende Einführung mit einer Vielzahl bekannter Autoren aus dem Themenfeld).
  • Landgraf, Edgar/Trop, Gabriel/Weatherby, Leif (eds.): Posthumanism in the Age of Humanism. Mind, Matter, and the Life Sciences after Kant. New York et al.: Bloomsbury Academic 2019 (ein eher anspruchsvoller, thematisch in die Tiefe gehender Band mit starkem Bezug und Kontrastdarstellungen zum 19. Jahrhundert wie auch der damit assoziierten Geistesgeschichte).

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