Arbeit an der Vergangenheit. Über die Restitution afrikanischer Kulturgüter aus moralischer Perspektive.

Wie sollen wir mit der eigenen Vergangenheit umgehen? Sind wir unseren Großmüttern und Großvätern zu etwas verpflichtet? Vielleicht sogar unseren Groß-Groß-Eltern? Habe ich irgendwas mit Menschen zu tun, die vor meiner Geburt gelebt haben? Fragen, die durchaus von Relevanz scheinen. Gerade dann, wenn die Geschichte keine glorreiche, sondern eine von Entrechtung, Mord und Raub ist. In diesem Essay geht es um eine Struktur: die Struktur des Kolonialismus. Nicht erst seit der vibranten Debatte um das Berliner Humboldt-Forum werden vermehrt Fragen zur deutschen kolonialen Vergangenheit gestellt. Als zentrale erscheint diese: Welche Verantwortung haben wir gegenüber der Vergangenheit? Müssen wir Kulturgüter, die aus dieser Zeit stammen, zurückgeben? Zwar erscheint eine solche Rückgabe moralisch nachvollziehbar und intuitiv verständlich, aber was sind die guten Gründe, die eine solche Rückgabe notwendig machen?

Hierbei gilt es zu explizieren, warum Kulturgüter eine besondere Stellung in Bezug auf den Kolonialismus einnehmen (I). Das System des Kolonialismus hinreichend zu definieren (II). Die Argumente für überzeitliche Schuld zu überprüfen (III). Und letztlich einen Ausblick darauf zu geben, was aus dem moralischen Sollen folgt und erforderlich ist (IV).

I Kulturgüter

Die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy geht davon aus, dass Kulturgüter eine eminent wichtige Funktion besäßen. Kulturgüter, und im engeren Kunstwerke, seien wichtige Zeugnisse vorangegangener Gesellschaften. Sie fungierten gewissermaßen als historische Zeitmesser, die durch ihre Existenz Vorangegangenes begreiflich machten. Mit dieser Zeugenschaft werde eine permanente Brücke zwischen dem Gewesenen und dem Jetzt ermöglicht, dessen Kraft sich in die Zukunft hinein fortsetzte (vgl. Savoy 2018: 16f.). Savoy spricht von einer „sich ständig erneuernde[n] Begegnung zwischen den Sterblichen […] und den – vielleicht beinahe – Unsterblichen (das sind sie, die Objekte) (ebd.: 17)“. Neben dieser transtemporalen Dimension von Kulturgütern wiesen diese wichtige Funktionen für ein aktuelles Verständnis von Kultur auf. So weist Savoy berechtigterweise darauf hin, dass Kultur immer durch wechselseitige Aneignungs-, Vermittlungs- und Anpassungsprozesse entstehe, was eine Auffassung von rein nationalen Kulturräumen als disjunkte Einheit unmöglich macht (vgl. Savoy 2018: 18). Die durch Kulturgüter geschaffene gemeinsame Geschichte oder Identität müsse eben als „ein Ergebnis grenzüberschreitender Verflechtungen häufig weit auseinanderliegender kultureller Räume (ebd.: 18)“ begriffen werden. Ebenso wie diese Arbeit, betrachtet auch Savoy in ihrem Essay den Zusammenhang von Kolonialismus und Kulturgut. Dabei stellt sie fest, dass der Handel mit zum Beispiel afrikanischer Kunst, welcher um 1800 begann, zuerst mit einer Andersartigkeit im Sinne des Exotismus behaftet war. Mit dem Aufkommen des Verlangens nach außereuropäischer Kunst sei auch ein Wandel des Bewusstseins in Bezug auf Besitz verbunden. So hätte vor der Französischen Revolution nicht der physische Besitz der Objekte im Vordergrund gestanden, sondern die intellektuelle Beschäftigung mit diesen. Erst mit der Moderne fielen also materielle Aneignungsprozesse und die Verbringung von Kulturgut zusammen (vgl. ebd.: 21f.). Im Zuge der folgenden europäischen Kolonialgeschichte vertritt Savoy eine dezidierte Meinung. Die Kolonien hätten eine „hohen kulturellen Tribut an Europa (ebd.: 34)“ zahlen müssen.

Im Sinne einer Austauch- und Verständigungsfunktion von Kultur könnten außereuropäische Kunstobjekte jedoch dazu beitragen „Kultur nicht im statischen Sinne kanonischer Kenntnisse, sondern im dynamischen von Bildung und Entfaltung (ebd.: 40) [Hervorhebung durch die Verfasserin]“ zu verstehen. Das scheinbar Andersartige reiht sich ein in den Kontext des kollektiven Menschseins, des kreativen Schaffens und der Gestaltung. Neben diesem positiv-utopistischen Ideal stellt Savoy konkrete Bedingungen an die Institutionen der kulturellen Vermittlung, namentlich Museen. Savoy fordert eine Selbstreflexion und Selbsthinterfragung der Institutionen in Bezug auf verschiedene Bereiche. Grundsätzlich müssten Kulturgüter wieder mit ihrer ursprünglichen Geschichte verbunden werden, es sei eine Rekontextualisierung notwendig (vgl. ebd.: 54). Bei den Gedanken zur Rekontextualisierung sind Objekte gemeint, die nach einer umfangreichen Überprüfung der Restitutionsansprüche in Europa verbleiben.

II Kolonialismus

Der Kolonialismus, gemeint ist hier eine breite Denk- und Handlungstradition, wird konsensual aufgefasst als System der methodischen Entrechtung. Handlungen umfassten dabei die widerrechtliche Aneignung von Land, Ausbeutung von Ressourcen als auch die Verbringung von Kulturgütern. Koloniale Politik konnte dabei in extremen Fällen zu Zwangsumsiedlungen oder der physischen Vernichtung indigener Gruppen führen (vgl. Allpress et al. 2010: 76). Kolonialismus kann grundsätzlich als massive Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker gesehen werden, dessen Praxis auch Diskriminierung und Entmenschlichung umfasste (vgl. Lu 2011: 262). Das heutige internationale Staatensystem zeigt sich dabei in großem Maße von den kolonialen Nachwirkungen beeinflusst. Das deutsche Kolonialreich existierte dabei von 1884 bis 1915.

Grundsätzlich muss nun die Aneignung von Kulturgütern, während jenes Zeithorizonts, sehr kritisch hinterfragt werden. Ohne den Prozess der Erwerbung exhaustiv bewerten zu wollen ist augenfällig, dass sich der überwiegende Teil afrikanischer Kunst in außerafrikanischen Besitzverhältnissen befindet (vgl. Aguigah 2019). Die Diskussion über die Rückgabe, von in kolonialen Kontexten verbrachten Kulturgütern, ist dabei kein neues Phänomen. Bereits Ende der 70er Jahre waren weitreichende Restitutionen angedacht gewesen, welche jedoch nicht umgesetzt wurden (vgl. ebd. 2019). Der Mangel an Umsetzung ist sicherlich kritikwürdig und wirft, wie Aguiah betont, „ein grelles Licht auf die Debatte von heute (Aguiah 2019).“

III Transtemporale Zusammenhänge

Die Grundlage von Gerechtigkeitskonzeptionen stellt die Annahme von Kompensationsmöglichkeiten dar: Unrecht kann in der Regel gesühnt werden, zum Beispiel durch Strafe oder Kompensation. Weitergehend scheint uns die moralische Wiedergutmachung geschehenen Unrechts intuitiv plausibel. Neben dieser Intuition gilt es – gerade wenn es um konkrete Sachverhalte geht – Bedingungen anzugeben, unter denen eine solche Pflicht als moralisch notwendig angesehen werden kann. Schließlich sind in Fällen historischen Unrechts weder die ursprünglich Geschädigten, noch die ursprünglichen Verursacher physisch existent. Dies wurde bereits plausibilisiert. Die Frage, die sich stellt, ist jedoch die nach den konkreten empirischen Voraussetzungen. Es erscheint notwendig eine moralische Verpflichtung zu konstruieren, die eben jenen Dispositionen Rechnung trägt und in Bezug auf Kulturgüter Ansprüche transtemporal begründbar macht (vgl. Edvardsson Björnberg 2015: 461f.). Wer ist als Anspruchsberechtigter aufzufassen und müssten Kulturgüter in jedem Fall restituiert werden? Die Philosophin Karin Edvardsson Björnberg ist der Auffassung, dass ausgehend von verschiedenen Akteurskonstellationen, eine Mediation und graduelle Abwägung von Ansprüchen angezeigt sei. Die Stärke der moralischen Pflicht ist somit abhängig von den konkreten empirischen Voraussetzungen des Einzelfalls (vgl. ebd.: 462). Die Autorin geht hierbei von nachvollziehbaren Grundprämissen aus, nämlich, dass sich ein Objekt widerrechtlich angeeignet wurde, dass aus diesem Prozess eine Pflicht zur Rückgabe abgeleitet werden kann, dass diese Pflicht auf nachfolgende Generationen transferierbar ist, dass dieses Unrecht durch die Rückgabe der betreffenden Objekte sühnbar ist, und schließlich, dass die Interessen der Anspruchsberechtigen die Interessen der Besitzenden überwiegen. Für den weiteren Verlauf ihrer Argumentation nimmt Björnberg, aufgrund einer naturgemäß schwierigen Faktenlage des Einzelfalls an, dass wir von einem annähernden Zutreffen der Prämissen ausgehen können (vgl. ebd: 463). Zunächst muss gefragt werden: Wann kann eine Aneignung als Unrecht betrachtet werden? Diese kann als solche betrachtet werden, wenn wir die ursprüngliche Handlung retrospektiv, beziehungsweise unter Berücksichtigung der heutigen Rechtslage, als widerrechtlich auffassen. Beispiele sind: ein Kaufverhältnis unter falschen Versprechungen oder Druck; ein Verkäufer hatte nicht die legitime Verfügungsgewalt über ein Objekt. Hierbei ist natürlich zu betonen, dass durch mitunter erhebliche zeitliche Distanz die moralisch-rechtlichen Insuffizienzen in den meisten Fällen schwer eindeutig nachgewiesen werden können (vgl. Edvardsson Björnberg 2015: 464). Ähnliche Maßgaben finden wir bereits in den RepG und zum Standpunkt der nachträglichen Rechtssetzung wurde sich bereits geäußert.

In welcher Weise ließen sich nun legitime Ansprüche auf die Nachkommen der ursprünglich Geschädigten übertragen? Bei einer solchen Fragestellung muss das Nicht-Identitäts-Problem beachtet werden. Gleichwohl nur kursorisch, da für unseren Fall wenig relevant. Eine gute Argumentation liefert Andrew Cohen, der etablierte Argumentationsansätze weiter fruchtbar macht, welche sich gegen eine Gültigkeit des non-identity-problems (NIP) in Bezug auf historische Unrechtslagen aussprechen (vgl. Cohen 2009).

Grundsätzlich lässt sich dieses durch einen Perspektivwechsel in Bezug auf die Betrachtung der kausalen Abhängigkeit auflösen. Die Existenz späterer Generationen scheint nicht ausschließlich auf vergangenes Unrecht zurückzuführen zu sein. Jedoch sind diese schlechter gestellt, als sie wären, wenn das Unrecht nicht passiert wäre. Für diese Argumentation ist, wie Björnberg betont eine gewisse Kontinuität in verantwortlichen Institutionen, Akteuren oder Staaten notwendig. Eine andere und wesentlich kürzere Erwiderung auf die Annahmen des NIP ist, dass Kulturgüter für die kausale Nachfolge als nicht übermäßig relevant eingeschätzt werden können (vgl. Edvardsson Björnberg 2015: 467).

In Anlehnung an Boxhill nimmt Björnberg an, dass Unrecht als kausale Kette zu begreifen sei und nicht als singulärer Akt. Somit wäre auch die Entwendung von Kulturgütern in einen Leidenszusammenhang zu stellen, „we should think of wrongful removals of cultural property not as isolated acts […] but as persisting injustices suffered by a group […] that still exists, although in an different composition (ebd.: 264f.).“ Das Argument des persisting harm scheint dabei ein gewichtiges zu sein, da durch eine Nachwirkung des Schadens aktuelle Ansprüche legitimationsfähig wären. Weitergehend wollen wir die Frage stellen: Was nun suffiziente Bedingungen dieser Übertragung von Ansprüchen seien? Anders: Wer kann als legitimer Träger eines moralischen Anspruchs auf Rückgabe gelten? Björnberg plädiert hier für die kulturelle Kontinuität als wichtigen Indikator einer solchen Zugehörigkeit. Wenn also Sprache, Riten, kulturelle Praktiken et cetera in einer gewissen Nachfolge zu den ursprünglich Geschädigten stünden, dann ließe sich eine solche Übertragung intergenerationaler Art legitimieren (vgl. Edvardsson Björnberg 2015: 465).

Über die Kausalbeziehung von Vorgänger- und Nachfolgegeneration hinaus, verbinden sich mit der Rückgabe von kolonialem Kulturgut größere eigentumstheoretische Fragen. Vor allem Fragen zur Kategorie von staatlichem und Privateigentum. Hier gälte es plausibel zu machen, dass Privatpersonen um die Widerrechtlichkeit der ursprünglichen Aneignung wussten. Ferner setzte eine Rückgabepflicht, welche sich auch auf Privateigentum erstreckte, eine vorherige, Enteignungsmöglichkeit voraus. Dies wäre zwar in einigen Fällen gerechtfertigt, könnte allerdings gefährliche Präzedenzfälle schaffen, gerade, wenn man die gesellschaftlich stabilisierende Funktion von Privateigentum bedenkt. Ebenfalls in diesem Kontext müsste die Provenienz von konkreten Objekten kritisch betrachtet werden (vgl. ebd.: 467).

Es ist augenfällig, dass die Möglichkeit einer Kenntnis der unrechtmäßigen Aneignung, im Sinne der historischen Nachzeichnung, mit jedem Besitzerwechsel schwindet. Ich argumentiere hier, dass die strukturellem Vorbedingungen dieser Aneignungsprozesse, die aus einem staatlich geförderten Kolonialismus resultierten, die widerrechtliche Aneignung erst ermöglichten. Probabilistisch sollte somit eine eher restitutionsprogressive Haltung vorherrschen.

Ein anderes argumentatives Hindernis bezüglich einer Rückgabe von Kulturgütern entsteht im kontrafaktischen Einwand. Hierbei wird angenommen, dass ein spezifisches Kulturgut auch aus anderen, diversen Gründen sich nicht mehr im Besitz einer Gruppe befinden könnte. So sei möglich, dass dieses verkauft oder verschenkt worden wären. Dieses Argument halte ich, wie Björnberg, für kontraintuitiv, da anzunehmen ist, dass die betreffenden Gruppen ihre Kulturgegenstände wertgeschätzt hätten. Dies ist auch indirekt zu belegen, durch die heutigen Rückforderungsgesuche.

Überdies änderte die Möglichkeit des anderweitigen Verlusts nichts an dem eigentlichem Unrechtsverhältnis. Die Nachkommen sind schließlich in einem schlechteren Zustand, als sie gewesen wären, wären die Objekte nicht entwendet worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass eher die Jetzt-Besitzenden plausibel machen müssten, dass eine freiwillige Abgabe freiwillig passierte. Neben dem rein materiellen Schaden, der durch den Entzug der Verfügungsgewalt entstanden ist, kommt eine psychologische Dimension des Schadens hinzu. Der sich daraus konstituiert, dass die Nachkommen im Wissen über die Widerrechtlichkeit der Vorgänge und des Ausbleibens von Reparationen oder Restitutionen leben (vgl. ebd.: 468).

Nichtsdestoweniger gilt es einige empirische Überlegungen in die Anspruchskonstruktion miteinzubeziehen. Gradmesser der Stärke eines moralischen Anspruchs auf Rückgabe könnte die Kraft der intergenerationalen Verbindungen zwischen den Generationen, das historische Umfeld in dem die Objekte entwendet wurden und der Status des Objekts innerhalb einer Gruppe sein (vgl. Edvardsson Björnberg 2015: 469).

Außerdem gilt es zu hinterfragen, ob die Restitution in allen Fällen ein adäquater Ausgleich für geschehenes Unrecht seien kann. Björnberg bemerkt hierzu: „Even so, it could be objected that repatriation is not the best means, or even an acceptable one, of fulfilling this obligation“ (ebd. 470). Gleichzeitig könnte angenommen werden, dass gegenläufige Interessen der jetzigen Besitzenden existierten, die auf Basis einer relativen Dauerhaftigkeit der Verfügungsgewalt über ein Objekt begründete Ansprüche an einen Verbleib stellen könnte. Es könnte eine Art Gewohnheitsrecht entstanden sein. So könnte ein Museum zum Schutz dieser Objekte bestimmte Kosten auf sich genommen haben. Diese gegensätzlichen Interessen müssten gegeneinander gewichtet werden, also geklärt werden, ob die Interessen des Verbleibs die Interessenlage der Rückforderung überwiegen (vgl. ebd.: 470f.). Gekoppelt an eine begründete Erwartungshaltung eines Museums sind dabei die Durchgängigkeit des Besitzes. Wenn ein Objekt sich in oft wechselnden Besitzverhältnissen befunden hat, lässt sich schwerlich ein gewichtiges Interesse artikulieren. Der Ankauf und die Verwaltung des Objekts geschahen in gutem Glauben der Rechtmäßigkeit.

IV Was ist zu tun oder der rechtliche Rahmen

Nun kann es nicht bei den formalen und ethischen Eingeständnissen gegenüber der historischen Verantwortung bleiben. Konkrete Schritte sind angezeigt, um der Verantwortung auch Taten folgen zu lassen. Das heißt die rechtliche Kodifikation- und Durchsetzung von belastbaren Restitutionsgesetzen und eine institutionelle Zusammenarbeit zwischen europäischen und afrikanischen Museen.

Gerade den rechtlichen Rahmen muss besondere Beachtung beigemessen werden. So sind von Restitutionen die Schutzbereiche des öffentlichen Eigentums als auch der Kulturgüter, für welche im Speziellen ebenfalls enge Schutzbereiche gelten, betroffen (Sarr/Savoy 2020: 140-149).

Hierfür wäre eine europäisch einheitliche Gesetzgebung wünschenswert, hätte wohl aber kaum Aussicht auf eine erfolgreiche Implementierung. Es werden erst einmal bilaterale Lösungen gefunden werden müssen. Bénédicte Savoy und Felwine Sarr plädieren für die jeweilige Anerkennung der Konvention über gestohlenes oder illegal ausgeführtes Kulturgut. Diese vom Internationalen Institut zur Vereinheitlichung des Zivilrechts ratifizierte Konvention würde für bilaterale Verhältnisse mit außereuropäischen Staaten festschreiben, was zwischen EU-Staaten längst Praxis ist: „die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats verbrachten Kulturgütern … (Sarr/Savoy 2020: 163).“

Dieses Vorhaben müsse mit einem Umdenken auf sprachlicher Ebene einhergehen. Sprachliche Gewohnheiten müssten überprüft und angepasst werden. Die Nutzung historischer Begrifflichkeiten sei anachronistisch und solle einem zeitgenössisch angemessenen Vokabular weichen. Hinzu kommen müsse ein Aufarbeitung und Offenlegung der historischen Zusammenhänge, in Verbindung mit der Erwerbs- und Ausstellungshistorie. Dieses Vorhaben solle dabei als Dialog und partnerschaftliches Projekt mit den Herkunftsgesellschaften der Kulturobjekte verstanden werden, was auch die Konstruktion von rechtlichen Rahmenbedingungen mit einschließe (vgl. Savoy 2018: 54-58).

Foto: Wilfried Giesers //pixelio.de

Literatur:

Aguigah, René. 2019. Restitution afrikanischer Kulturgüter. Immer noch die alten Argumente. URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/restitution-afrikanischer-kulturgueter-immer-noch-die-alten.1005.de.html?dram:article_id=439859. Zugegriffen: 06.08.2019.

Cohen, Andrew I.. 2009. Compensation for Historic Injustices: Completing the Boxhill and Sher Argument. Philosophy and Public Affairs 37 (1): 81-102.

Edvardsson Björnberg, Karin. 2015. Historic Injustices and the Moral Case for Cultural Repatriation. Ethical Theory and Moral Practice 18 (3): 461-474.

Lu, Catherine. 2011. Colonialism as Structural Injustice: Historical Responsibility and Contemporary Redress. The Journal of Political Philosophy 19 (3): 261-281.

Savoy, Bénédicte. 2018. Von der Provenienz der Kultur. Von der Trauer des Verlusts zum universalen Menschheitserbe. Matthes und Seitz: Berlin.

Sarr, Felwine; Savoy, Bénédicte. 2020. Zurückgeben. Über die Restitution afrikanischer Kulturgüter. Bundeszentrale für politische Bildung: Bonn.

Allpress, Jesse A. et al.. 2010. Atoning for Colonial Injustices: Group-Based Shame and Guilt Motivate Support for Reparation. International Journal of Conflict and Violence 4 (1): 75-88.

Conrad, Sebastian. 2013. Rethinking German Colonialism in a Global Age. The Journal of Imperial and Commonwealth History 41 (4): 543-566.