• Film,  Rezensionen

    Mexikanisches Drama im heimischen Wohnzimmer: „Wer hat Sara ermordet?“

    Ein warmer, sonniger Sommertag. 5 junge Freunde, darunter Alex, seine Schwester Sara und ihr Freund Rodolfo, genießen die Zeit am See. Sie trinken Bier, schwimmen und entscheiden sich schließlich mit dem Boot auf den See hinauszufahren und den neuen Fallschirm auszutesten. Sara ist mutig und lässt sich als Erste durch die Luft gleiten. Sie genießt, wie der Schirm sie hoch in die Luft trägt und das Boot über den See peitscht. Doch irgendetwas stimmt nicht. Das Boot fährt zu schnell, Sara schreit, ihr Gurt reißt und schließlich stürzt sie viele Meter in die Tiefe. Kurze Zeit später ist sie tot. Was wie ein Unfall aussah ist für ihren Bruder Alex…

  • Kultur,  Literatur,  Philosophie,  Sprache

    „Les rêveries du promeneur solitaire“ – Teil I

    Jean-Jaques Rousseau ist zweifellos einer der wesentlichen Autoren der Epoche der Aufklärung. Diese Rolle ist ihm zweifelsohne zuzuerkennen. Dabei suchte Rousseau in seinem Schaffen und Denken oftmals die Opposition zu seinen Zeitgenossen, was ihn als kritisch-reflektierten Gegenpol einer fortschrittsgewandten Gesellschaft charakterisiert. Neben seiner Kritik an dem Selbstverständnis der intellektuellen Elite und der Weiterentwicklung der hobbesschen Vertragstheorie, ist auch sein Einfluss auf die Erziehungspädagogik herauszustellen. Das aber wohl persönlichste Werk stellt Les rêveries du promeneur solitaire dar. Ein Werk, welches schon aufgrund seiner chronologischen Einordnung in die Biografie des Autors besondere Qualität besitzt, denn es handelt sich um sein letztes Werk. Auch die Umstände, in denen es entstand, sind erwähnenswert. Rousseau…

  • Sprache

    Religion und Sprache: Die Bibel und ihre nie endende Übersetzungsfrage

    Theologie ist immer an Sprache gebunden. Wer die christliche Religion untersucht, kann dies nicht losgelöst von Sprache tun. Dies gründet allein schon in der Tatsache, dass die Rede Jesu mündlich tradiert und übersetzt wurde, und letztlich in einer Sprache, die nicht die Ursprungssprache war, erstmalig zu ihrer Verschriftlichung fand. Die ersten verschriftlichten Texte wurden abermals übersetzt und umformuliert. Unzählige Bibelübersetzungen sind in den vergangenen zwei Jahrtausenden entstanden, sodass es heutzutage nahezu unmöglich erscheint, die Urtexte zu rekonstruieren. Die Frage danach ist aber dennoch wichtig – denn eine Übersetzung kann deutlich besser in ihrer Aussageabsicht verstanden werden, wenn das Verhältnis zum Urtext geklärt ist.

  • Kurzprosa

    Milieustudien

    Kurz vor Sonnenaufgang. Wie eine schwarze, mit weißen, aufleuchtenden Punkten versehene Serviette lagen die Dunkelheit und der Sternenhimmel noch über dem Land. Spitze, schwere Tropfen gingen unablässig auf mich nieder und beraubten mich jeglichen Eifers. Ich radelte die steril beleuchteten Wege entlang. Die Straßenlaternen zogen lange ausdruckslose Gesichter, während sie sich von ihrer ehernen Halterung aufmerksam zu mir herunterzubeugen schienen. Es war keine Verneigung, sondern vielmehr ein Akt falschen Mitleids und unehrlicher Fürsorglichkeit. Selbst in ihnen schlug mir ein Gestus tiefen Bedauerns entgegen, wenngleich ich mir des artifiziellen Charakters von dergleichen Projektionen mehr als bewusst war. Immer wieder aufs Neue schlich mein Schatten sich aus der Schwärze an, um mich…

  • Rezensionen,  Sprache

    „Hädded ihr ned awos in moi Mudderschproch?“

    30 Jahre Deutsche Einheit und noch immer tauchen verschollen geglaubte Kapitel der Wende-Geschichte auf. Eines davon handelt vom Deutschen Nationaltheater in Temirtau – Sie wissen schon, nördlich von Karaganda, in Kasachstan! Eleonora Hummels Roman „Die Wandelbaren“ (2019) erzählt die wahre Geschichte, wie eine Handvoll sowjetdeutscher Nachwuchsschauspieler ihre jahrzehntelang unterdrückte Muttersprache zurückerobern und sich an den Anfang eines nationalen Erwachens stellen. Ob sie den Ansprüchen der Kommunistischen Partei und des Publikums gerecht werden?

  • Allgemein,  Sprache

    Die dümmste Kirche der Welt

    Die Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche in Deutschland liegt bei einem Rekordhoch. 2019 verließen sie 270.000 Menschen, das sind 22% mehr als im Jahr zuvor.[1] Bei der katholischen Kirche sieht es mit 272.771 Austritten nicht viel besser aus. Aber die Reaktionen der Kirchen sind anders. Während Rom an den Überlieferungen festhält, versucht die Kirche Luthers verzweifelt, irgendwie „cool“ zu wirken, und sorgt damit immer wieder für Lacher: In jeder evangelischen Kirche – dort, wo man es also am meisten braucht – gibt es jetzt freies W-LAN, allen Ernstes unter dem Namen „godspot“.[2] Falls die Predigt langweilig werden sollte, kann man also eben zwischendurch eine Folge Breaking Bad schauen.…

  • Allgemein,  Lyrik

    Das Ende des Tunnels

    Sicherlich war das Jahr 2020 nicht der Anfang für das kommende Jahrzehnt, den wir uns vorgestellt haben. Alles kam anders als wir es geplant hatten oder uns wünschten.Allerdings scheint dies nichts Neues zu sein; in den meisten Fällen kommt etwas Ungewolltes dazwischen, das den ganzen Plan umwirft. Dann gilt es nur Eines zu tun: Improvisieren. Und darin sind wir 2020 wahre Meister geworden!Das bezieht sich nicht nur auf die Musik, sondern auch auf unser komplettes alltägliches Leben!Wer hätte gedacht, dass sich Begriffe wie „Home-Office“ oder „Homeschooling“ so fest in unseren Alltag etablieren, dass wir unsere Kollegen, Lehrer und Mitschüler nur per Videoanruf sehen würden (obwohl vorzugsweise die Kamera doch lieber…

  • Kurzprosa,  Philosophie,  Reisen

    Abschied oder Ankunft? – Teil 4: Immortalitas?

    Nun: »Hier ist die Zeit stehen geblieben – und jeder Versuch, dieser Gewissheit zu entrinnen, muss sich als vergeblich erweisen«, erklärte ich, nachdem die dritte Geschichte zu Ende gegangen war. Wir durchlebten eine Abfolge ephemerer Begebenheiten, denen allesamt eine überzeitliche Wirksamkeit zukam. Diese jedoch erschöpfte sich gerade in ihrer zeitlichen Einschränkung: Gerade weil diese Narrative der Stimme, der Schulnostalgie oder des Nihilismus jeglicher Konstanz und Beständigkeit entsagten, vergingen sie und vergingen zugleich nicht: Letzteres, insofern sie auch nach ihrem materiellen Ende – in die Erinnerung zurückgerufen – von gleicher Lebendigkeit waren und sich nicht mehr umkehren ließen. Was sich einmal zugetragen hatte, zehrte immerdar vom Ganzen, wiewohl nur als noch…

  • Kurzprosa,  Philosophie,  Reisen

    Abschied oder Ankunft? – Teil 3: Im Luftschiff der Nihilisten

    Erneut hob sie zu sprechen an und verlas das dritte Kapitel: »Es ist jedes Mal aufs Neue bemerkenswert, die Wolkendecke zu durchbrechen, findest du nicht?«, entgegnete Anastasia dem Trübsinn ihres Gegenübers, als sie ein Glas sprudelnde Brause an ihre Lippen führte und das Schiff über die Erde samt ihren allzu irdischen Belangen hinwegflog. »Wir sind Nihilisten«, erwiderte Anastasias Gegenüber eindringlich. »Bisweilen müssen wir eine stoische Betrübnis an den Tag legen und uns unserer Emotionen entäußern, zu unbeschwerter Spontaneität gelangen.«